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Laut einer schwedischen Studie fordern Jugendliche:
„Väter, sprecht endlich mit uns über Alkohol!“

vom Harald Frohnwieser

Meist sind es die Väter, die vor den Augen ihrer Kinder zum Alkohol greifen. Aber darüber reden wollen sie mit ihrem Nachwuchs eher nicht, wie eine Studie aus Schweden bestätigt. Doch die Heranwachsenden gaben an, dass sie sich wünschen, dass ihre Väter mit ihnen darüber sprechen sollen. Und eine Studie aus Großbritannien, die in den USA analysiert wurde, hat ergeben, dass Kinder, die früher in die Pubertät kommen als ihre Altersgenossen, später einmal in die Gefahr laufen, alkoholabhängig zu werden. Der Grund dafür: Eltern erlauben diesen Kinder meist, dass sie Alkohol trinken dürfen. Nur: Das Gehirn dieser Kinder gleicht freilich nicht dem eines jungen Erwachsenen, sondern ist dem Alter entsprechend entwickelt. Die Studienautoren fordern daher die Eltern auf, dass sie ihren zu früh in die Pubertät gekommenen Kindern keinen Alkohol geben sollen.

Schon seit einem längeren Zeitraum weiß man, dass Kinder, die früh in die Pubertät kommen, ein weitaus größeres Risiko in sich tragen, später einmal an Alkoholismus zu erkranken als Gleichaltrige, die noch kindlicher sind. Nun hat eine Analyse einer umfangreichen Studie aus Großbritannien, die von der „Penn State Unversity“ des US-Bundesstaats Pennsylvania ausgewertet wurde, ergeben, dass dies meist an den Eltern liegt. Dazu Rebecca Bucci, Doktorandin der Kriminologie an der „Penn State University“: „Ein überraschender Anteil der Eltern in unserer Studie erlaubte ihren sich früh entwickelten Kindern, schon im Alter von 14 Jahren Alkohol zu trinken. Das trifft auf jede siebente Eltern zu.“ Die Forscherin appelliert daher unmissverständlich: „Es ist wichtig, daran zu denken, dass eine frühe Pubertät nicht bedeutet, dass das Kind in der kognitiven oder Gehirnentwicklung weiter fortgeschritten ist. Diese Kinder sind nicht älter an Jahren oder sozial reifer. Es ist daher absolut riskant, ihnen Freiheiten zu gewähren, die für junge Erwachsene üblich sind.“
Daten von mehr als 11.000 Kindern
Dabei analysierten die US-Forscher die Daten von 11.000 Kindern, die in Großbritannien zu verschiedenen Zeitpunkten in ihrem Leben befragt wurden. Die britischen Forscher wollten von den Teenagern wissen, ob sie jemals Alkohol getrunken hatten und wenn ja, wie oft sie tranken und ob sie jeweils mehr als fünf bis sechs alkoholische Getränke hintereinander konsumierten. Gleichzeitig sammelten die Forscher auch Daten darüber, ob die Eltern von Kindern, die Angaben, Alkohol getrunken zu haben, dies erlaubten. Weiters wurde auch das sogenannte „wahrgenommene pubertäre Timing“ der Heranwachsenden erhoben.
Fragen über körperliche Entwicklung
„Unsere Studie basiert auf das Maß für den pubertären Zeitpunkt sowie auf den Berichten der Jugendlichen über ihre eigenen pubertären Veränderungen“, erläutert Studienautorin Lorah Dorn, Professorin für Krankenpflege. „Den Jugendlichen wurde eine Reihe von Fragen zu ihrer körperlichen Entwicklung gestellt, und wir haben diese Werte für jede Person mit den Werten gleichgeschlechtlicher Jugendlicher verglichen, die ihnen altersmäßig sehr ähnlich waren“, so Dorn. Die Teilnehmer der Studie wurden dann in drei Gruppen für den wahrgenommenen Zeitpunkt der Pubertät eingeteilt – in früh, zeitgemäß und spät.
Hohe Wahrscheinlichkeit, Alkohol zu trinken
Nachdem die Angaben der Studienteilnehmer ausgewertet wurden, fanden die Forscher heraus, dass Jugendliche, die früher als andere in die Pubertät kamen, bereits im Alter von 14 Jahren mit einer größeren Wahrscheinlichkeit Alkohol tranken als andere Teenager, die zeitgerecht in die Pubertät kamen. So war die Wahrscheinlichkeit bei Mädchen, die früher entwickelt waren, um 29 Prozent höher als bei den anderen Mädchen. Und die Wahrscheinlichkeit, häufiger zu trinken, war sogar um 55 Prozent höher. Bei den Jungs lagen diese Ergebnisse um 22 bzw. 61 Prozent. Bei Jungen, die früh in die Pubertät kamen, lag die Wahrscheinlichkeit, an Saufgelagen teilzunehmen, sogar um 78 Prozent über den Wert ihrer Altersgenossen, die, was die Pubertät betraf, normal entwickelt waren.
Alkohol ohne Aufsicht der Eltern erlaubt
Noch aufschlussreicher war für die Forscher dann die Rolle der Eltern von früh entwickelten Mädchen und Jungen. Denn während insgesamt 15 Prozent der Eltern ihren 14-jährigen Kindern erlaubten, gelegentlich Alkohol zu trinken, lag dieser Wert bei Eltern, deren Kinder früher entwickelt waren, bei 20 Prozent. Dazu kam laut Studie auch, dass früh entwickelte Teenager meist Freunde hatten, die ebenfalls tranken und auch die Tatsache, dass sie Alkohol ohne Aufsicht der Eltern trinken durften, war um ein Wesentliches höher.
Maß an Unterstützung und Struktur beibehalten
Dazu Co-Studienautor Jeremy Stuff: „Eltern sollen ihren Kindern unter keinen Umständen erlauben, Alkohol zu trinken, auch wenn diese körperlich reifer erscheinen. Denn selbst wenn ein Kind in jungen Jahren beginnt, wie ein älterer Teenager oder ein junger Erwachsener auszusehen, sollten Eltern das Maß an Unterstützung und Struktur beibehalten, das dem tatsächlichen Alter und Entwicklungsreifegrad ihres Kindes entspricht.“ Auch Jennifer Maggs, Professorin für menschliche Entwicklung, stößt in dasselbe Horn: „Eltern wollen das Beste für ihre Kinder tun, und manche fragen sich vielleicht, ob einem älter wirkendem Kind mehr erwachsene Freiheiten gegeben werden sollte. Doch dies sollte nicht passieren, Kinder sollten immer altersgemäße Regeln erhalten. Und da darf Alkohol keine Rolle spielen.“
Meist reden Mütter mit ihren Kindern über Alkohol
Interessant ist auch, was eine schwedische Studie über Alkohol und Teenager ans Licht brachte: Hier gaben sechs von zehn Teenager-Eltern an, dass die Mütter diejenigen sind, die mit ihren Kindern über Alkohol sprechen, nur bei drei von zehn Eltern sind es die Väter. Dazu die Geschäftsführerin der 1Q, der Tochtergesellschaft des schwedischen Alkoholmonopols „Systembolaget“, Karin Hagman: „Wenn es um Emotionen geht, dann sind es immer noch die Mütter, die mit ihren Kindern darüber sprechen. Das kann doch nicht wahr sein! Auch Väter müssen in der Lage sein, mit ihren Kindern über Alkohol zu sprechen.“ Aber: „Das Wichtigste ist, dass überhaupt jemand über Alkohol spricht. Doch da Männer im Regelfall mehr trinken – 55 Prozent waren schon einmal vor ihren Kindern betrunken – sollten sie es sein, die mit ihren Kindern über Alkohol sprechen. Denn das Thema wird unnötig belastet, wenn die Person, die am meisten trinkt, dazu schweigt.“
Dieser Ansicht ist auch ein Großteil der schwedischen Kinder. Laut Umfrage finden es 93 Prozent der Befragten gut, wenn Eltern mit ihren Kindern über Alkohol sprechen, davon wünscht sich eine große Mehrheit, dass auf diesem Gebiet die Väter die Ansprechpartner sind: 78 Prozent der Kinder und Jugendlichen wollen den männlichen Elternteil in die Pflicht nehmen und fordern: „Väter, sprecht mit uns endlich über Alkohol und den damit verbundenen Gefahren!“