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Alkohol und Drogen waren seine ständigen Begleiter
Falco: Hoch (und Tief) wie nie

von Harald Frohnwieser

„Muss ich denn sterben um zu leben?“ fragte sich der Falke in seinem erst nach seinem Tod veröffentlichten Song „Out of the Dark“. Heute klingt das fast prophetisch, denn Hans Hölzel alias Falco ist mittlerweile zu einer Ikone der österreichischen Popkultur geworden. Ein viel zu kurzes Leben, das geprägt war von unglaublichen Höhen, aber auch von vielen Tiefen. Alkohol und Drogen hatten den Superstar, der es als einziger Österreicher jemals auf Platz 1 der US-Charts brachte, fest im Griff. Am 6. Februar 1998 verunglückte Falco mit seinem Auto in der Dominikanischen Republik, die längst zu seiner zweiten Heimat geworden war. Er hatte 1,5 Promille Alkohol im Blut.

Hans Hölzel alias „Falco“„Von welcher Zeitung bist du?“, fragte Falco 1982 den Autor dieser Zeilen misstrauisch, als ihm in einem Lokal der Wiener Innenstadt die Goldene Schallplatte für seinen ersten großen Hit „Der Kommissar“ verliehen wurde. „Vom ,Music Man' antwortete ich. „Vom Muisic Man? Nein, aber nein, wirkllich nicht, da geb' ich kein Interview“, schreckte er mich im näselnden Schönbrunner Deutsch ab, blieb aber dennoch bei mir stehen. Ich muss zugeben, ich war leicht verwirrt. Denn normalerweise zeigten sich die Popstars, mit denen ich damals zu tun hatte, einem Interview gegenüber nie abgeneigt und verhielten sich durch die Bank kooperativ. Aber Falco war anders. Er wirkte arrogant und charmant zugleich. Eine ziemlich seltsame Melange, die zu seinem Markenzeichen wurde.
Schon wollte ich mich enttäuscht und auch verärgert abwenden, als er mich plötzlich freundschaftlich angrinste. „Weißt was“, sagte er plötzlich zu meinem Erstaunen ganz vertraut, „ich geb' dir doch ein Interview. Weil'st du es bist.“ Dabei kannte mich Falco gar nicht, es war meine erste und leider einzige Begegnung mit ihm. Das war typisch Falco: Eben noch abweisend und fast arrogant konnte er im nächsten Moment total herzlich und charmant sein. Falco, die Kunstfigur versus Hans Hölzel, den Menschen – ein Zwiespalt, dem der Künstler nie entrinnen konnte.
Johann „Hans“ Hölzel wurde am 19. Februar 1957 in Wien-Margareten geboren. Der Vater verließ sehr früh die Familie, und Hans wuchs bei seiner Mutter und Großmutter auf. Schon früh war sein musikalisches Talent erkennbar – noch bevor er in die Schule kam, sang er die Schlager, die aus dem Radio kamen, nach. Mit vier Jahren klimperte er bereits auf dem Klavier, ein Jahr später bekam er einen Plattenspieler geschenkt.
Das Gymnasium brach der spätere Popstar mit 16 Jahren ab und hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Da seine Mutter gerne einen Beamten aus ihm machen wollte, begann er eine Lehre bei der Pensionsversicherungsanstalt, die er aber bald wieder abbrach. Etwa zu dieser Zeit gründete er mit Freunden seine Band „Umspannwerk“.
Als Jazz-Bassist in Berlin
Nach dem Bundesheer schrieb sich Hans Hölzel am Wiener Musikkonservatorium ein, doch nach dem ersten Semester ließ er das Studium sein um sich ganz auf seine Musikkarriere zu konzentrieren. Im damaligen West-Berlin der 1970er Jahre versuchte sich der Musiker als Jazz-Bassist in den verschiedensten Clubs, kehrte aber bald wieder in seine Geburtsstadt zurück, um bei den verschiedensten Bands anzuheuern, unter anderem bei den „Drahdiwaberln“, eine in Wien bekannte Gruppe, die mit einem harten Sound und zeitkritischen Texten auf sich aufmerksam machte.
1977 wurde eines Tages ganz plötzlich aus Hans Hölzel Falco. Als Namensgeber diente der DDR-Skispringer Falko Weißpflog. Aber nicht nur der Name, auch das Image des Musikers änderte sich – Jeans und T-Shirts blieben im Kasten, stattdessen bevorzugte Falco Smoking und Fliege als Künstleroutfit. An diese Zeit erinnerte sich Falco später in einem Interview, das er der Los Angeles Times gab: »Das war eine wirklich harte Drogenszene in Wien, und ich schätze, das hatte ein bisschen damit zu tun, dass man seine Depressionen betäuben wollte. Es ist ja auch deprimierend, wenn man dauernd diese wunderschönen Bauwerke sieht und daran erinnert wird, was Wien einmal war. Und dass es nie mehr so sein wird.« Ein Freund erinnerte sich an diese Zeit, dass Falco schon damals wahllos Wein, Wodka, Whisky und Brandy in sich hineinschüttete.
„Der Kommissar geht um“
Im Mai 1979 nahm Falco seine erste Single auf, die allerdings kaum beachtet wurde, zwei Jahre später jedoch kam der große Durchbruch mit „Der Kommissar“ mit dem ins Ohr gehende Refrain „Drah di net um, der Kommissar geht um“. Der song wurde nicht nur in Österreich zu einem Nummer 1 Hit, sondern schaffte es auch in europäischen Ländern in die Hitparade. Auch in Kanada verkaufte sich die Single hervorragend, es gab sogar eine Goldene Schallplatte dafür. Weltweit wurde die Platte etwa sieben Millionen Mal verkauft.
Falcos ganz großer internationaler Durchbruch kam 1986. Sein Lied „Rock Me Amadeus“ schaffte es in den USA an die Spitze der Charts. Weder zuvor noch danach hat bis jetzt ein Österreicher diese Hürde genommen. Doch während rund um den Falken alle feierten, war Falco betrübt: „Das kann ich nie wieder toppen“, war er sich bewusst. Weitere Hits wie „Vienna Calling“, „Jeanny“ (war acht Wochen lang Nummer 1 in Deutschland), „The Sound of Musik“ oder „Hoch wie nie“ folgten. Was damals weniger Beachtung fand war die Tatsache, dass Falco ein hochsensibler Poet war, der seine Texte selbst schrieb.
In den späten 1980er Jahren wurde es still um ihn. Falco damals: „Wenn man jahrelang sehr exzessiv gelebt hat, muss man sich einfach regenerieren, alles andere wäre Selbstmord.“ Und exzessiv war sein Leben tatsächlich. Als Falco erlebte er Höhen, von denen viele Musiker nur träumen können, als Mensch brauchte er den Alkohol und die Drogen, um damit zurecht zu kommen. Dazu kamen persönliche Probleme. Eine gescheiterte Beziehung und die Tatsache, dass ein Bluttest ergab, dass er nicht der leibliche Vater seiner Tochter war, brachen ihm das Herz. Den Kontakt zu seiner kleinen Tochter brach er freilich nie ab, zeit seines Lebens kümmerte sich der Musiker rührend um sie.
Comeback und neuerlicher Absturz
Ab 1992 ging es musikalisch wieder bergauf, das Album „Nachtflug“ verkaufte sich besser als das vorhergegangene „Data de Groove“. In der 1995 veröffentlichten Single „Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“ versuchte sich der Falke relativ erfolgreich im Techno-Stil, der ein Jahr später erschienene Song „Naked“ hingegen verkaufte sich vor allem in Deutschland nur mäßig. Es sollte die letzte Single werden, die zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde.
Privat hatte Falco eine neue Liebe gefunden, seinen exzessives Leben geändert hatte er allerdings nicht. Dass es für seine junge Freundin, Falco war damals 40, sie Anfang 20, nicht leicht an seiner Seite hatte, war ihm bewusst. „Sie hatte eine schwere Kindheit und ist extrem allergisch auf Launenhaftigkeit und Aggression bei Alkohol“, sagte er zu einem Freund. Und weiter: „Ich hasse mich selber, wenn ich betrunken bin. Dass mein Lebenswandel eine 22-Jährige abschreckt, kann ich mir gut vorstellen.“ (Auszug aus „Falco – Die Biografie“ von Peter Lanz, erschienen im Ueberreuter-Verlag). 1996 zog Falco in die Dominikanische Republik und richtete sich dort ein Tonstudio ein. Hier wollte er an einem Comeback arbeiten.
Es regnete stark an diesem 6. Februar 1998, als Hans Hölzel mit seinem Pajero in der Dominikanischen Republik am Nachmittag zu einem Parkplatz einer Disco fuhr und dort stehen blieb. Eine Kellnerin gab später an, dass Falco ziemlich betrunken in der Disco erschien und einen Schnaps verlangt habe, doch sie gab ihm nichts. Später dementierte sie diese Aussage und gab an, dass Falco verschwitzt und starr in seinem Auto saß. Egal, welche Version nun stimmt – irgendwann trat Hans Hölzel auf das Gaspedal und raste gegen einen Bus. Er war sofort tot.
In der Reihe 40 des Wiener Zentralfriedhofs erhält der Österreicher, der seiner Zeit weit voraus war, ein Ehrengrab, Jahre später wurde eine Gasse in Wien-Donaustadt und ein Steg in Wien-Margareten, jener Bezirk, in dem er aufwuchs, benannt. Österreich hat es noch immer bestens verstanden, seine toten Künstler hochleben zu lassen.

Foto: Falco/EMI. (1)