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Hans Stefan Hintner, Politiker und Beirat einer Suchtklinik
„Mehr Prävention wäre begrüßenswert!“

von Harald Frohnwieser

Er ist seit 2003 Bürgermeister der im Süden von Wien gelegenen Stadtgemeinde Mödling. Er ist auch Abgeordneter zum Landtag von Niederösterreich. Und er ist im Beirat des Anton-Proksch-Instituts (API) in Wien, das mit seinen knapp 300 Betten die größte Suchtklinik Europas ist: Dem ÖVP-Politiker Hans Stefan Hintner ist die Bekämpfung von Suchterkrankungen nicht nur ein großes Anliegen, er fördert auch Vereine und Institutionen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. „Alk-Info“ traf den engagierten Politiker im Stadtamt von Mödling zum Interview über die Aufgaben eines Beirates, über die Gerüchte, dass das API geschlossen werden soll, über die langen Wartezeiten auf eine Therapie und was er als Politiker gegen die Suchtproblematik unternimmt.

Politiker Hans Stefan Hintner„Alk-Info“: Herr Bürgermeister Hintner, warum sind Sie im Beirat des Anton-Proksch-Instituts, das ja eigentlich in Wien angesiedelt ist?
Hans Stefan Hintner: Das hat einen historischen Grund, weil es in Mödling seit 1980 eine Außenstelle des API gibt. Allerdings liegt hier der Schwerpunkt mehr auf den illegalen Drogen als auf Alkohol. Und als Bürgermeister von Mödling bin ich eben im Beirat.

Was genau ist die Aufgabe eines Beirats?
Im Grunde genommen geht es um die Finanzgebarung, um die Werbung und um den ganzen Rahmen darum. Der Vorsitzende ist der Sozialminister. Die Kosten für das API trägt das Gesundheitsministerium und zum Teil auch das Sozialministerium sowie die Stadt Wien.

Immer wieder tauchen Gerüchte auf, dass das API verkleinert, woanders angesiedelt oder sogar geschlossen werden soll. Was ist da dran?
Diese Gerüchte gibt es immer wieder, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist da nichts dran. Die Frage von Spitalsfinanzierungen stellt sich halt immer wieder. Aber ich sage immer, dass man solche Einrichtungen braucht. Natürlich kann man über der Standort diskutieren, es gibt Gegenden in unserem Bundesland Niederösterreich, da kostet der Quadratmeter Baugrund nur 10 Euro. Da könnte man natürlich ganz etwas anderes hinstellen als in Wien. Aber die Frage stellt sich zur Zeit nicht.

Gab es in Mödling am Anfang Bedenken gegen die Außenstelle?
Das kann man so sagen. Da hat es einen großen Widerstand seitens der Bevölkerung gegeben, vom Pfarrer bis zum damaligen sozialistischen Bürgermeister waren alle dagegen. Der Bürgermeister ist damals sogar aus diesem Grund zurückgetreten. Doch diese Befürchtungen konnten längst zerstreut werden, vor allem auch deshalb, weil die Patienten, die hierher kommen, die Chance erhalten wollen, von ihrer Sucht loszukommen und nicht kriminell sind.

Auch der Standort in Mödling ist nicht gefährdet?
Nein, keinesfalls. Die Stadtgemeinde Mödling steht voll hinter der Expositur und wehrt alles ab, was in Richtung Infragestellung und Verkleinerung überlegt wird. Vor ein paar Jahren gab es aber eine Diskussion darüber, ob man die Außenstelle schließen soll. Ich habe damals gesagt, seien wir doch froh, dass die ganze Aufregung rund um diese Außenstelle vorbei ist. Wenn man dann doch wieder eine braucht und man muss dann woanders hin damit, dann fängt doch alles wieder von vorne an.

Bei Alkoholkranken hat man oft das Gefühl, dass sie mit ihrer Krankheit ziemlich alleine gelassen werden,Jugend-, Sucht- und Familienberatungsstelle „Waggon“ in Mödling beim Bahnhof weil sie keine Lobby haben wie etwa Menschen sie haben, die an Aids erkrankt sind. Wie sehen Sie das als Politiker?
Also wir in Mödling tun einiges auf diesem Gebiet. Wir haben ja nicht nur die Außenstelle des API, wir haben auch eine Suchtberatungsstelle und die Jugendberatung „Waggon“ am Bahnhof, wo es sehr engagierte Sozialarbeiter gibt, die immer ein offenes Ohr für die Probleme der Jugendlichen haben, auch was deren Abhängigkeiten betrifft. Es gibt aber auch Privatinitiativen, die wir unterstützen. Deshalb kann ich nicht bestätigen, dass das in Mödling kein Thema sei.

Gibt es in Mödling auch Selbsthilfegruppen?
Über unsere Suchtberatungsstelle gibt es hier einige Gruppen. Aber die Anonymen Alkoholiker (AA) gibt es hier nicht. Wir sind ja quasi vor den Toren von Wien, wo es genug Gruppen gibt. Auch nach Baden bei Wien, wo es ebenfalls die AA gibt, sind es nur zehn Kilometer.

Wie wird die Suchtberatungsstelle angenommen?
Sagen wir es so: Sie wird frequentiert, und das ist gut so. Denn wenn keine kämen oder nur ein paar wenige, dann heißt es, dass es dieses Problem nicht gibt, was ja auch wieder nicht stimmt.

Hat Mödling ein Suchtproblem?
Es gibt eine immer wieder auftauchende Suchtszene, was meist mehrere Gründe hat. Aber wir haben erstklassige Sozialarbeiter, die gut damit umgehen können.

Wäre mehr Prävention nicht genau aus diesem Grund wichtig?
Ich sage immer, dass die unmittelbare Prävention im Elternhaus stattfindet. Da fängt es an. Hier findet das Vorbild statt, wo man noch Einfluss auf das Kind nehmen kann. Alles andere, was auf diesem Gebiet passiert, ist dann zusätzlich. Es gibt zum Beispiel viele Sportvereine, wo kaum oder gar kein Alkohol getrunken wird. Das kommt sehr auf die Sportart an, Kraftsportler etwa trinken kaum Alkohol. Was die Prävention in der Schule betrifft, ist es unterschiedlich.

Das Einstiegsalter liegt bereits bei 11, 12 Jahren.
Aus diesem Grund würde ich auch mehr Prävention begrüßen. Das müsste dann vom Gesundheits- oder vom Unterrichtsministerium in die Wege geleitet werden.

Auch was die Wartezeiten auf eine Therapie betrifft, sind diese in Österreich viel zu lang.
Ja und Nein. Diese langen Wartezeiten sind mit ein Grund, warum eine Einstellung oder eine Verkleinerung des API für mich nie in Frage kommt. Auf der anderen Seite erlebt man aber auch, dass sich Menschen für eine Therapie anmelden, dann aber gleich wieder aussteigen, Ein Spital muss aber finanziert werden. Es braucht, auch wenn das jetzt hart klingt, einen Grundumsatz an Patienten, damit sich die Einrichtung trägt. Und ich muss auch sagen, dass ich als Bürgermeister keine negativen Feedbacks bekomme, was die Wartezeiten betrifft.

Das API ist die größte Suchtklinik Europas. Kann man da wirklich so effizient arbeiten, das es dem Einzelnen was bringt?
Eine große Klinik kann natürlich wirtschaftlicher und kostengünstiger arbeiten als eine kleine. Man kann in anderen Dimensionen kochen und einkaufen. Eine kleinere Klinik kann vielleicht individueller arbeiten, aber da bin ich kein Fachmann. Nur zur Überlegung: Es ist ja auch das Allgemeine Krankenhaus (AKH) in Wien riesengroß, aber trotzdem wird hier eine Spitzenmedizin geboten. Doch es können gerade im Suchtbereich die besten Ärzte und Therapeuten nichts bewirken, wenn es der Patient nicht zulässt.

WAGGON – Jugend-, Sucht- und Familienberatungsstelle
2340 Mödling, Bahnhofplatz 10
Tel.: +43 (0)2236/280 03
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Web-Adresse: www.waggon.at

Anton-Proksch-Institut (API) – Suchtberatungsstelle Mödling
2340 Mödling, Schwester-Maria-Restituta-Gasse 33
Tel.: +43 (0)1/880 10 - 1360
e-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Web-Adresse: www.api.or.at/Klinikum/Footer/Unsere-Standorte#

Fotos: Harald Frohnwieser (2)