Juli 2020
Deutschland: Widerstand gegen Polizei wegen Alkoholkonsum gestiegen
Streetworker Serkan Bicen beobachtete schon seit längerer Zeit, wie sich seitens von Jugendlichen und jungen Erwachsenen immer mehr Hass und Frust gegen die Polizei aufbaute, über die Intensität der Entladungen wie etwa jüngst in Stuttgart war er dann dennoch überrascht. Dass Delikte, bei denen Alkohol im Spiel ist, wenn es um Widerstand gegen die Staatsgewalt geht, im Steigen sind, kann schon seit einigen Jahren festgestellt werden. Waren es im Jahr 2011 in Deutschland noch an die 17.000 derartige Fälle, so gab es bis zum Jahr 2018 eine Steigerung auf etwa 19.000 alkoholbedingte Angriffe auf die Polizei. Doch Bicen sieht die Schuld sehr einseitig und ausschließlich bei der Polizei: „Das sind überwiegend normale junge Leute, die nur sitzen und feiern wollen, und dann stürmt eine Hundertschaft Polizisten auf sie zu und will deren Ausweise sehen.“ Das können sich, so der Streetworker, diese sich natürlich nicht gefallen lassen und gehen handgreiflich auf die Uniformierten los, die zum Teil dabei schwer verletzt werden. Bicen weiter: „Ich kritisiere das Auftreten der Ordnungshüter, die vielen Kontrollen…“
Genauer hingeschaut auf dieses traurige Phänomen haben die beiden Studienautoren Stanley Friedemann und Martin Rettenberger. Sie beschreiben im soeben erschienenen „Jahrbuch Sucht 2020“, warum es unter schwerem Alkoholeinfluss immer wieder zu aggressiven Ausschreitungen gegen Polizisten kommt: „Alkohol reduziert Ängste und schwächt Hemmungen. Alkohol stimuliert, die Agilität steigt, die Aggressionsschwelle sinkt und Alkohol erschwert die Fähigkeit zu kontrolliertem Verhalten.“
Erfreulicheres gibt es hingegen im Bereich von Verkehrsunfällen, die unter Alkoholeinfluss passierten: „Für das Jahr 2009 registrierte das „Jahrbuch Sucht“ noch 17.434 alkoholbedingte Unfälle mit 440 Toten, 2018 sank die Zahl auf 13.934 Unfälle mit 244 Todesopfern.