Alkohol und Osteoporose:
Besser Milch als Bier und Schnaps

von Harald Frohnwieser

Alkoholiker schädigen nicht nur Leber und Bauchspeicheldrüse, sie zermürben auch ihre Knochen und gehen so das Risiko ein, an Osteoporose (Knochenschwund) zu erkranken. Denn zu viel Alkohol lässt nicht nur einen Knochenbruch schlechter heilen, er sorgt auch für ein poröses Skelett. Innsbrucker Forscher haben im HerbstAlkoholmissbrauch und Osteoporose (Knochenschwund) 2012 in einer aufwendigen Studie auf die Auswirkungen von Alkoholmissbrauch auf die menschlichen Knochen hingewiesen.

Wem gesunde Knochen wichtig sind, der sollte auf übermäßigen Genuss von Alkohol verzichten. Dazu Dr. Peter Malik von der Universitätsklinik für Biologische Psychiatrie der Medizinischen Universität Innsbruck: „Wir stellten fest, dass sich schon nach achtwöchiger Abstinenz annähernd ein Gleichgewicht zwischen Knochenanbau und -abbau einstellte, was im Umkehrschluss einen direkten Effekt des Alkohols auf die Funktion knochenbildender Zellen bei den zuvor Alkohol konsumierenden Patienten nahe legt.“
Dr. Malik wies bereits im Jahr 2010 auf den Zusammenhang von Alkoholismus und erhöhtem Osteoporoserisiko bei jungen Männern hin. Im Herbst 2012 veröffentlichte der Forscher mit seinem Team eine Folgestudie, die international große Beachtung fand: Alkoholmissbrauch und damit verbundene Begleiterscheinungen wie Unterernährung, Bewegungsmangel und Leberzirrhose beeinflussen die knochenbildenden Zellen.
Kalzium und Vitamin-D
Im Klartext: Übermäßiger Alkoholkonsum schädigt die Knochen gleich auf mehrfache Weise. Der Grund: Das für einen gesunden Knochenbau wichtige Kalzium wird durch den Alkohol verstärkt über die Nieren ausgeschieden,Dr. Peter Malik außerdem werden Magen, Darm und Bauchspeicheldrüse oft so geschädigt, dass sie eine ausreichende Menge des Kalziums nicht mehr ausreichend aus der Nahrung aufnehmen können. Und da Alkohol in großen Mengen zudem auch die Leber schädigt, wird auch der Vitamin-D-Stoffwechsel gestört, doch dieses Vitamin wiederum sorgt dafür, dass genug Kalzium in den Knochenbau gerät.
Langsamer Heilungsprozess
Auch bei einem ganz normalen Knochenbruch gilt, dass während des Heilungsprozesses auf Alkohol verzichtet werden soll. „Zunächst müssen die Knochenzellen eine Matrix formen, die später verknöchert“, sagt der amerikanische Forscher Terence M. Donohue. Wer zu viel trinkt, beeinflusst die Verknöcherung negativ. „Alkohol ändert die Zusammensetzung dieser Matrix und hindert die Osteoblasten daran, sich korrekt zu formieren und mit ihren Nachbarzellen chemische Signale auszutauschen“, so Donohue.
Sein Kollege Dennis A. Chakkalakal vom Omaha Veterans Affairs Medical Center wiederum weist darauf hin, dass zu viel Alkohol (mehr als 100 Gramm täglich = 1 Liter Wein) die Knochen bis ins Mark schädigt. „In den Markhöhlen von Langknochen finden sich Vorläuferzellen, die sich entweder zu knochenbildenden Zellen differenzieren oder Fettgewebe bilden können“, erklärt der Arzt und Forscher und macht darauf aufmerksam, dass Osteoporose-Patienten mehr Fettgewebe, dafür aber weniger Knochensubstzanz im Mark haben. „Gleiches gilt auch für Alkoholiker“, so Chakkalakal.
Sonne, Milch, Gemüse und Fisch
Wer seinen Körper Jahre lang durch zu viel Alkohol geschädigt hat, sollte nun darauf achten, ihm wieder genügend Kalzium zuzuführen. Neben Milch (es kann, um Übergewicht zu vermeiden, auch fettarme Milch getrunken werden) und Milchprodukte (Joghurt, Käse) sorgen auch Gemüsearten wie Grünkohl, Brokkoli, Fenchel, Mangold, Spinat und Lauch dafür, dass die Knochen genug davon abbekommen. Unterstützend dabei sind auch kalziumhaltiges Mineralwasser, Nüsse und Fischprodukte. Neben dem Alkohol gelten aber auch Nikotin und zu viel Kaffee (mehr als vier Tassen pro Tag) als wahre Kalziumkiller.
Und da, wie schon beschrieben, Vitamin-D für die Bildung von Kalzium enorm wichtig ist, sollte darauf geachtet werden, dass man genug Sonnenlicht abbekommt. Während der Sommermonate genügen dreimal wöchentlich zehn bis 15 Minuten lange Sonnenstrahlen auf Gesicht, Hände und Arme, um ausreichend Vitamin-D zu produzieren. Und während der Wintermonate sollte man darauf achten, dass man sich tagsüber ausreichend im Freien aufhält.
Bewegung ist wichtig
Wie wichtig eine ausreichende Bewegung sich auf den Knochenbau auswirkt, zeigt eine weitere Untersuchung der Innsbrucker Forscher. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass jene alkoholabhängige Patienten, die sich auch während des Trinkens regelmäßig bewegten, eine bessere Knochendichte aufweisen als jene Alkoholiker, die sich wenig oder kaum bewegen“, so Peter Malik, der nun ein Umdenken in der Alkoholtherapie fordert: „Therapieprogramme sollten immer auch Physiotherapie und sportliche Angebote miteinschließen.“
Zudem rät der Suchtexperte dazu, die Messung der Knochendichte bei alkoholabhängigen Patienten durchzuführen. Peter Malik: „Die frühzeitige Erkennung und Prävention ist – wie bei allen chronischen Erkrankungen – immer noch der beste Schutz.“

Foto: MUI / D. Heidegger (1) Grafik: Thomas Frohnwieser (1)