Neue Jugendvorsorgeuntersuchung der SVA
Auch Alkohol ist hier ein Thema
von Harald Frohnwieser
Chips, Pizza, wenig Bewegung und dazu noch das eine oder andere Glas Wodka. Viele unserer Kinder und Jugendlichen leben nicht gerade gesund, sind übergewichtig und manche von ihnen erkranken sogar schon mit 14 oder 15 Jahren an Diabetes Typ 2. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) in Österreich trägt diesem Trend nun Rechnung und hat im Herbst 2016 eine neue Jugendvorsorgeuntersuchung „Gesundheits-Check Junior“ ins Leben gerufen, die den Mädchen und Jungs ein neues Körperbewusstsein nahe bringen soll. Und was den Alkohol betrifft: Zwar trinken die Jugendlichen laut Suchtexperten mittlerweile etwas weniger Alkohol als noch 2014, dennoch liegt das Einstiegsalter bereits bei elf Jahren. Für den stellvertretenden Obmann der SVA, Andreas Herzog, war daher von Anfang an klar, dass es dabei auch um eine Suchtprävention gehen muss, wie er im „Alk-Info“-Interview betont.
„Alk-Info“: Herr Obmann-Stellvertreter Herzog, Prävention war vor allem in Österreich lange Zeit ein Stiefkind. Was hat Sie dazu bewogen, eine Jugendvorsorgeuntersuchung ins Leben zu rufen?
Andreas Herzog: Wir wollen unseren Versicherten ein optimales Preis-Leistungsverhältnis bieten. Wir wollten eine völlig neue Zielgruppe für die Vorsorge gewinnen, nämlich die Kinder und die Jugendlichen, weil wir festgestellt haben, dass mit dem Ende des Mutter-Kind-Passes mit sechs Jahren und dem Beginn einer Vorsorgeuntersuchung mit etwa Mitte 20 eine große Lücke klafft. Dabei gibt es in diesem Lebensabschnitt im Schnitt zwei Schulwechsel sowie die Pubertät. Das trägt erheblich zur Persönlichkeitsbildung bei.
Welche Rolle spielt hier die Prävention?
Der Präventionsgedanke ist – obwohl oft das Gegenteil behauptet wird – in Österreich durchaus schon angekommen. Wir haben uns daher verstärkt damit beschäftigt, wie man verhindern kann, dass unsere Versicherten überhaupt eine medizinische Leistung in Anspruch nehmen müssen. Aber nicht deshalb, weil wir uns Geld ersparen wollen, sondern weil wir nicht immer mit dem Feuerlöscher unterwegs sein wollen, das heißt, nicht erst dann für unsere Versicherten da sein wollen, wenn sie bereits erkrankt sind. Deshalb ziehen wir den Präventionsgedanke mit einer großen Konsequenz durch, weil wir das als eine große Verantwortung an unseren Versicherten sehen.
Hat Ihrer Erfahrung nach ein gesundes Leben etwas mit der sozialen Stellung zu tun?
Es gilt leider immer noch: Einkommen ist gleich Bildung ist gleich schauen auf die eigene Gesundheit. Das kann man schwer aufbrechen. In diese Schichten hineinzukommen, also in Schichten, die keinen so hohen Bildungsgrad aufweisen, ist sehr schwierig. Wobei es aber oft gar nicht so sehr ums Geld sondern ums Bewusstsein geht. Denn man kann sich auch mit wenig Geld durchaus gesund ernähren. Fertigprodukte, Pizzen, Süßigkeiten sind ja auch nicht gerade billig.
Ab welchem Alter und wie oft sollte ein Kind beim „Gesundheits-Check Junior“ mitmachen? Und welche Ärzte führen die Vorsorge durch?
Das Alter ist mit sechs bis 17 Jahren definiert. Die Vorsorge sollte zumindest ein Mal im Jahr stattfinden. Ärzte sind vor allem alle SVA-Ärzte, die Kinderärzte oder ausgebildete Allgemeinmediziner. Wobei bei den kleineren Kindern die Eltern oder zumindest ein Elternteil mitgehen sollte, bei den älteren, so ab 14, ist dies aber nicht notwendig, weil es sich ab diesem Alter mit dem Arzt oder mit der Ärztin besser reden lässt, wenn man ohne den Eltern da ist. Da sind die Jugendlichen meist ehrlicher, wenn sie alleine sind.
Es gibt ja auch die jährliche schulärztliche Untersuchung…
Die Schulärzte gehen nicht so in die Tiefe. Wir bieten ein allumfassendes Programm, das nach den neuesten wissenschaftlichen Parametern mit der Ärztekammer entwickelt wurde und einen längerfristigen Charakter hat. Das ist im gesamten EU-Raum einzigartig. In Deutschland gibt es zwar ein ähnliches Programm, aber bei unseres ist evaluiert.
Zu Ihrem Vorsorgeprogramm. Was genau passiert bei dem Gesundheits-Check?
Das ist ein eigenes Vorsorgeprogramm, das speziell auf Jugendliche zugeschnittenen ist, bei dem es auch um Bewegung und Ernährung geht. Und das wir mit der österreichischen Ärztekammer entwickelt haben. Neben den üblichen körperlichen Checks wird auch darauf geschaut, in welchem Umfeld das Kind oder der/die Jugendliche aufwächst. Wird Sport betrieben, wie ist die Ernährung? Und da wird auch das Thema Sucht angesprochen, wobei es nicht nur um den Alkohol geht sondern auch um andere Süchte wie etwa Computerspiele. Gerade bei Kinder muss man da sehr aufpassen. Es werden aber auch Cannabis oder Designerdrogen angesprochen.
Wird auch erhoben, ob, und wenn ja, jemand Alkohol getrunken hat oder trinkt?
Das kommt natürlich im Fragebogen vor. Wobei erhoben wird, wie viel trinkt jemand Alkohol und wie oft.
Das sollen die Kids dem Arzt bekannt geben. Aber wird da nicht manchmal auch geflunkert?
Wir haben festgestellt, dass ein Arzt, eine Ärztin, eine ganz andere Autorität für die Kinder und Jugendlichen hat als die eigenen Eltern.
War von Anfang an klar, dass hier die Suchtprävention auch eine Rolle spielen wird?
Ja, natürlich. Wobei diese schon im Elternhaus beginnt, und zwar ohne erhobenen Zeigefinger. Ich bin ja selbst Vater und meine Frau und ich gehen zuhause ganz normal und entspannt mit dem Alkohol um. Manchmal frage ich meinen 18-jährigen Sohn, ob er ein Glas Wein mit uns trinken will, aber er geht dann lieber in die Küche und holt sich einen Fruchtsaft oder einfach nur ein Wasser.
Was geschieht, wenn ein Jugendlicher angibt, dass er regelmäßig Alkohol trinkt?
Das ist ganz dem Arzt überlassen, da ich in das Arzt-Patienten-Verhältnis, das mit heilig ist, nicht eingreifen will.
Werden aufgrund der erhobenen Daten gewisse Schritte gesetzt?
Das haben wir jetzt noch nicht im Fokus, aber das wird selbstverständlich gemacht, wenn wir erst einmal genügend Daten gesammelt haben. Dann werden wir auf alle Fälle auf gewisse Trends reagieren.
Gibt es auf dem Gebiet der Gesundheit einen Unterschied zwischen Stadt- und Landkinder?
Den gibt es ganz bestimmt. In der Stadt ist die Stressbelastung zweifelsfrei größer als auf dem Land. Das Leben in der Stadt ist dynamischer, das macht auch vor den Kindern und Jugendlichen nicht Halt. Stadtkinder bekommen in der Regel mehr Medikamente verschrieben als jene, die auf dem Land leben. Sie machen weniger Bewegung und sind fettleibiger. Den Unterschied kann man nicht weg leugnen.
Gesundheits-Check Junior: Informationen
Foto: Thomas Frohnwieser (1) Grafik: SVA (1)