Amy Winehouse starb mit mehr als vier Promille im Blut
Beim Entzug von harten Drogen mit Alkohol zugedröhnt

von Werner Schneider

Ihre Vorbilder waren Ella Fitzgerald, Sarah Vaughan und Dinah Washington. Sie wurde 2008 fünffache Grammy-Gewinnerin – und ihr Vater prügelte sich mit Dealern und Gangstern, die ihr immer wieder harte Drogen beschafften. Amy Winehouse (14. September 1983 bis 23. Juli 2011) durchwanderte als gefeierteAmy Winehouse bei den Eurockéennes (2007) Sängerin eine Alkohol- und Drogenhölle. Eine Stiftung, die ihr Vater Mitch Winehouse ins Leben rief, soll Jugendliche vor solchen Tragödien bewahren helfen.

Amy Jade Winehouse hatte schon eine schwere Jugend. Ihre Eltern trennten sich, als das Mädchen neun Jahre alt war. Die kleine Amy war keine Freundin der Schule. Bis zu ihrem 15. Lebensjahr wechselte sie fünf Mal die Bildungsinstitute. Ihr Studium des Musiktheaters an der renommierten BRIT School brach sie nach einem Jahr ab.
Aber Amy war eine begnadete Sängerin und Texterin. Mit 19 unterschrieb sie ihren ersten Plattenvertrag bei Island Records wo sie auch ihr Debütalbum Frank aufnahm. Sie sagte, sie könne nur über das schreiben, was selbst erfahren hatte und so textete sie bis auf zwei Stücke alle Lieder selbst. Das Album verkaufte sich auf Anhieb alleine in Großbritannien 900.000 Mal und wurde mit dreifach-Platin ausgezeichnet. Zu diesem Zeitpunkt trat Winehouse auch noch ohne Probleme bei den verschiedensten Festivals live auf. Im November 2004 absolvierte sie ihre erste Englandtournee. Dann legte sie eine schöpferische Pause von einem Jahr ein.
Von März bis August arbeitete sie an dem später weltberühmten Album Back to Black. Es handelt in erster Linie von der Beziehung zu ihrem Freund und Ehemann (2007 bis 2009) Blake Fielder-Civil. Jenem Mann, der selbst zugab, Amy mit harten Drogen bekannt gemacht zu haben und ihr auch von Entzügen abriet. Die musikalische Abrechnung mit einem Leben in der Hölle pushten das Album in 20 Ländern auf Platz eins der Charts und in zehn weiteren unter die ersten zehn.
Zu diesem Zeitpunkt war der Verfall offensichtlich. Amy Winehouse litt an Bulimie und trank Unmengen, wenn sie wieder versuchte, von den harten Drogen loszukommen. Ab 2008 galt Amy als clean von harten Drogen, doch da bestimmte der Alkohol ihren Lebensrhythmus. Die junge Künstlerin wurde mit Auszeichnungen und Ehrungen überhäuft. Sie trat bei den MTV Movie Awards auf und erhielt den BRIT Award in der Kategorie Best British Female Solo Artist.
Ein vergeblicher Kampf
Ihr Vater erzählte über die schwere Zeit, in der seine Tochter von den Drogen endgültig loskommen wollte und doch immer wieder in Versuchung gebracht wurde: „Ich verbrachte meine Zeit damit, mit Drogendealern zu kämpfen, und ich meine richtig kämpfen“, sagte der Taxifahrer, „Ich bin ein Mann in den mittleren Jahren, der übergewichtig ist und Schlägereien austrug.“
Es war ein vergeblicher Kampf. Der Auftakt zu ihrer England Tournee am 14. November in Birmingham endete in einem Chaos. Amy torkelte betrunken auf die Bühne, konnte sich kaum auf den Beinen halten und vom Singen konnte keine Rede sein. Das Publikum war außer sich vor Enttäuschung und buhte die Künstlerin aus. Der Rest der Tournee wurde abgesagt.
Bis Ende des Jahres 2007 gab es wegen „Erschöpfungszuständen“ keine weiteren Auftritte mehr. Zu diesem Zeitpunkt war Back to Black auf den ersten Platz der Jahresendcharts vorgerückt und Amy Winehouse galt mit einem Verdienst in der Höhe von zwölf Millionen Pfund als die bestverdienende Frau im britischen Showgeschäft.
Verunglückte Konzerte
Zur Grammy-Verleihung 2008 konnte Amy nicht selbst erscheinen, da sie wegen ihrer Drogenprobleme kein Visum für die USA erhielt. Dafür erhielt sie das Angebot den Titelsong für den James-Bond-Film Ein Quantum Trost zu produzieren. Doch das Gift hatte ihren Körper zu stark im Griff: Die Arbeit an dem Song wurde schon nach einem Monat eingestellt, da Winehouse einfach nicht kreativ tätig sein konnte.
Es gab eine Zeit der geglückten und verunglückten Konzerte. Längst war von clean wieder keine Rede. Amy Winehouse zog sich ab 2009 für unbestimmte Zeit aus dem Business zurück – derweil sich Back to Black auch ohne große Promotion fünf Millionen Mal verkaufte. 2007 und 2008 verkaufte keine Sängerin weltweit soviele Alben wie Amy.
Von Jänner bis August hielt sich Amy Winehouse auf der Karibikinsel St. Lucia auf, wo sie eine Entziehungskur machte. Die Sängerin bedankte sich beim St. Lucia Jazz Festival mit einem Auftritt – doch der musste aus ungeklärten Umständen abgebrochen werden.
Alkohol vergisst seine Opfer nicht
Inzwischen hatte der britische Modeschöpfer Fred Perry Amy Winehouse als Zugpferd entdeckt und widmete ihr eine eigene Modelinie. Im Dezember trat sie bei einem russischen Milliardär für die kolportierte Summe von 1,1 Millionen Pfund auf – und absolvierte den Abend anscheinend zur Zufriedenheit der Gäste. Auch für fünf Konzerte in Brasilien bekam sie durchwegs positive Kritik. Ihr Management verkündete Anfang 2011, dass Amy Winehouse wieder an einem Comeback arbeite.
Doch der Alkohol vergisst seine Opfer nicht: Der Auftakt ihrer Europatour in Belgrad endete in einem Fiasko. Amy torkelte mit einer halben Stunde Verspätung auf die Bühne und lallte Unverständliches. Die Folgen waren schmerzhaft für die Künstlerin und ihre Fans. Der Rest der Europa-Tournee wurde abgesagt und auch die Arbeit am neuen Album musste abgebrochen werden.
Amy Winehouse wurde am 23. Juli 2011 mit mehr als vier Promille Alkohol im Blut tot in ihrer Wohnung in Camden (London) aufgefunden. „Amy hat sehr hart daran gearbeitet, ihre Probleme mit dem Alkohol in den Griff zu bekommen“, hieß es am Mittwoch in einer Stellungnahme der Familie. Und weiter: „Es tut sehr weh, dass sie diesen Kampf nicht rechtzeitig gewinnen konnte“. Aber nicht nur die Familie, auch Amys langjährige Ärztin war über den frühen Tod ihrer Patientin bestürzt. „Amy hat zu mir gesagt, dass sie es nicht schafft, ganz vom Alkohol loszukommen, aber sie hat auch ganz klar gesagt, dass sie nicht sterben wolle. Sie freute sich auch auf die Zukunft“, so die Medizinerin.
Mitglied im traurigen „Club 27“
Amy Winhouse reiht sich in den sogenannten „Club 27“ ein, dem auch die Musiker Jimi Hendrix, Janis Joplin, das Rolling Stones-Urgestein Brian Jones, Jim Morrisson und Curt Cobain angehören: auch sie starben, sowie Amy auch, im Alter von nur 27 Jahren Jahren an den Folgen ihrer Alkohol- und Drogensucht.
Die von Vater Mitch ins Leben gerufene Amy Winehouse Foundation verwaltet das Geld, das durch posthume Plattenverkäufe herein kommt. Dazu kamen 4,3 Millionen Pfund (5,2 Millionen Euro) aus Lotteriegeldern. Gewidmet Kindern, die im Leben benachteiligt sind und drohen, auf eine schiefe Bahn zu geraten.

Foto: commons.wikimedia.org / Rama (1)