Ex-Weltstar Helmut Berger
Betrunken vor laufender Kamera masturbiert
von Werner Schneider
Ein Mann, der offenbar nicht in Würde altern kann, steht im Mittelpunkt des Österreich-Beitrags zur großen Filmpräsentation Biennale in Venedig. Man sieht seinen faltigen Hintern, man sieht viele leere Flaschen, ehemals mit Wodka oder Wein gefüllt, man sieht, wie der alternde Mann sich selbst vor der Kamera befriedigt. „Helmut Berger. Actor“ heißt das fragwürdige Werk des Regisseurs Andreas Horvath. Zwei Jahre lang begleitete er den vom Alkohol gezeichneten Mimen, der einst Lebensgefährte des Kultregisseurs Luchino Viscontis war. Helmut Berger steht wieder im medialen Vordergrund.
Der später als schwierig und exzentrisch beschriebene Schauspieler wurde am 29. Mai 1944 in Bad Ischl (Österreich) als Helmut Steinberger geboren. Der Spross einer Hoteliersfamilie zeigte wenig Interesse am touristischen Geschäft, arbeitete aber am Anfang mit. Mit 18 Jahren zog es ihn nach London wo er neben Gelegenheitsarbeiten Schauspielunterricht nahm. In der Themsemetropole trat er auch erstmals als Fotomodell auf. Er galt noch nicht als „schönster Mann der Welt“, wie er später oft tituliert wurde, er war einer unter vielen – aber eben hübscher. Er machte Werbung für den weltberühmten Sherry „Fino la ina“. Danach nahm Berger Sprachunterricht in Perugia, Italien, und zog schließlich nach Rom. Aus dieser Zeit sind noch keine alkoholischen Exzesse bekannt. Zielstrebig verfolgte der junge Mann seine Karriere. Er war nun ein gut gebuchtes Modell.
1964 kam es zu einem Schicksalstreffen, dass das Leben des späteren Schauspielers komplett verändern sollte. Er traf den angesehenen Regisseur Luchino Visconti. Eigentlich Conte Don Luchino Visconti di Modrone, ein Adeliger, der der Kommunistischen Partei Italiens beitrat. Der Regisseur machte Berger nach einigen Nebenrollen zum Hauptdarsteller in seinem Film „Die Verdammten“. Für diese Rolle erhielt Berger prompt eine Nominierung beim Golden Globe zum besten Nachwuchsdarsteller. Nun lagen ihm die Frauen zu Füßen – und Berger behauptete fest, obwohl er mit Visconti zusammen war, dass er nicht homosexuell sondern bisexuell sei. Und er rühmte sich, zahlreiche Affären mit Weltklasse-Stars gehabt zu haben, etwa mit Romy Schneider.
Sinnkrise nach Viscontis Tod
Als er die „Lola“ im „Blauen Engel“ gegeben hatte, witzelte der US-Regisseur Billy Wilder: „Außer Helmut Berger gibt es heutzutage keine interessante Frau mehr.“ Es folgten Glanzrollen. „Der Garten der Finzi Contini“ erhielt einen Oscar. Der Mime avancierte zum Weltstar, der mit Liz Taylor und Henry Fonda in „Die Rivalin“ agierte. Auch in „Salon Kitty“, einem Skandalfilm über ein NS-Bordell, spielte der Österreicher den Geschäftsführer. Er war am Zenit seines Schaffens. „Ludwig II.“ wurde sein wohl bestes Werk. Doch 1976 starb Visconti und dessen Tod stürzte Helmut Berger in eine schwere Sinnkrise. Am ersten Todestag des Lebenspartners machte er einen Selbstmordversuch und wurde von seiner Haushälterin, die an diesem Tag früher kam, gerettet. Berger geriet in einen Strudel aus Kokain und Alkohol. Das Testament Viscontis, in dem Berger als Erbe eingesetzt war, blieb verschwunden. Der deutsche Film erlebte eine Krise, das Fernsehen hatte den Mittelpunkt in der Familie eingenommen, das Kinosterben begann. Die großen Rollen blieben aus. Der zunehmende Alkoholkonsum veränderten Bergers jugendliches Aussehen und seine Konzentration. Der Mime blieb seinem Jet-Set-Leben aber treu. Die letzte große Rolle mit einem Weltklasse-Regisseur war 1980 in „Phantomas“ von Claude Chabrol.
Danach kamen B-Movies und Nebenrollen in TV-Serien wie „Der Denver-Clan“. Berger konnte man international besetzen, er spricht deutsch, italienisch, französisch und englisch.
Der Schauspieler, der einst das Titelblatt der „Vogue“ als erster Mann zierte, wurde zum Enfant terrible. Er trat in Talk Shows auf und brabbelte Unverständliches oder er verlangte ungeniert nach Wodka mit Tonic. Dabei griff er sich selbst manchmal in den Schritt oder tat dies bei anderen Teilnehmern hinter den Kulissen.
Betrunken bei Gottschalk
Seinen letzten Auftritt vor wirklich großem Publikum hatte Berger bei Thomas Gottschalks „Wetten dass…?“ Am 3. April 2010 erschien die angesehene Zeitung „Die Welt“ mit dem Titel „Helmut Berger total betrunken bei Gottschalk“. Im Laufe der Sendung gab der Mime zum Besten: „Zwei Stunden warte ich und masturbiere, um hier zu sitzen.“ Der Showmaster schlagfertig: „Und, hat es sich gelohnt?“ Berger: „Nee!“
Gottschalk trug den Fauxpas mit Gelassenheit. Er sagte der „Bild-Zeitung“: „Wer Helmut Berger einlädt, darf nicht erwarten, dass Horst Köhler (damals deutscher Bundespräsident, (Anm.) kommt. Bei bunten Vögeln passiert es halt mal, dass sie blau unterwegs sind.“
Ähnlich betrunken hatte das Enfant terrible 1996 bei Harald Schmidt seine große Bühne – aber diesmal sind sich die Kritiker einig, sei er amüsant gewesen.
Tiefpunkt im Dschungel
Einmal noch, 2009, durfte Helmut Berger in einem Film die Hauptrolle spielen. In dem Drama „Blutsfreundschaft“ bei dem Peter Kern Regie führte, mimte er einen homosexuellen Wäschereibesitzer, der eine Beziehung mit einem jungen Neonazi unterhält. Der Film wurde 2010 bei der Berlinale und kam im Herbst 2010 in die deutschen Kinos.
Den anscheinend tiefsten Punkt, so urteilten Berger-Kenner und –freunde, sei sein Auftritt in der siebenten Staffel vom Dschungelcamp („Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“) 2013 gewesen. In einem Interview sagte er, dass er den „Australien-Urlaub“ genossen habe. Er habe täglich eine Flasche Bier bekommen. „Der Spiegel“ kritisierte anfangs, dass man den kaputten Mimen überhaupt ins Camp mitgenommen habe, revidierte aber dann seine Meinung und meinte, Berger sei noch der unterhaltsamste Teil der Sendung mit den C-Promis gewesen. Ganze drei Tage hielt der Ex-Star durch, dann musste er wegen „gesundheitlicher“ Probleme aufgeben.
Verarmt in Salzburg
2004 zog Berger nach Salzburg zu seiner Mutter, „nur vorübergehend, bis ich in Rom etwas gefunden habe“ ließ er via Aussendung wissen. Seine Mutter starb Ende 2009 und der Schauspieler blieb in Salzburg. „Ich habe mit Rom abgeschlossen“, hieß es jetzt. In verschiedenen Gazetten wurden verschiedene Formen seiner Armut beschrieben. Eine nannte, 200 Euro Rente habe er im Monat, Berger selbst erzählt von den Nacktfotos, die er in seiner Jugend auch gemacht habe und fügte hinzu: „Hätte ich das damals einem Produzenten geschickt, wäre ich Pornodarsteller geworden und heute stinkreich … so habe ich Kunstfilme gemacht und lebe von einer Rente von 450 Euro.“
Eigentlich ist Helmut Berger ein Bigamist. Er heiratete 1994 die Schauspielerin Francesca Guidato und im Juli feierte der Ex-Weltstar Hochzeit mit dem als Botox-Boy bezeichneten Florian Wess. Der nicht ganz nüchterne Ex-Star sieht die Beziehung nüchtern: „Schauen sie, ich bin ehrlich, ich brauche nun auch Pflege und Florian umsorgt mich wie einen Augenstern. Pflege ist für mich die höchste Form der Liebe.“ Das diktierte er dem „Bunte“-Reporter in den Notizblock.
Alkohol und Medikamente
Die Ehe mit Wess ist, seit der Film „Helmut Berger. Actor“ in Venedig gelaufen ist, auch schon wieder Geschichte. „Ich sehe, wie er im Bett liegt, stöhnt und seinen Penis in der Hand hat. Er fängt an zu masturbieren und ejakuliert vor laufender Kamera“, zeigt sich der Noch-Ehemann geschockt. In einem Interview mit VIP.de erklärt er weiter: „Sobald Helmut harte Sachen trinkt, hat er Probleme aufgrund der Medikamente.“ Dass Berger solche nimmt und trinkt ist in dem Film explizit zu sehen. Viagra-Schachteln, Antidepressiva und leere Wodkaflaschen werden in Großaufnahme gezeigt.
Regisseur Andreas Horvath hat zu den Anschuldigungen, die auch Berger-Manager Helmut Werner von Stapel lässt („Es ist unglaublich, dass ein kranker Mann derartig vorgeführt wird“), keine Stellung bezogen.
Foto: Justice/Vengeance (1)