Die 15 gängigsten Alkoholirrtümer
Von Mythen und Märchen
von Harald Frohnwieser
„Bier auf Wein, das lass sein, Wein auf Bier, das rat' ich dir“. Wer schon einmal am Morgen nach einem heftigen Saufgelage mit einem Brummschädel aufgewacht ist, kennt diesen Spruch, der sich schon seit vielen Generationen wacker hält. Oder: „Vitamin C hilft gegen den Kater“. Der Ausdruck Kater kommt wahrscheinlich von Katarrh, was soviel wie Erkältung bedeutet. Aber: Werden durch das Vitamin tatsächlich die lästigen Kopfschmerzen weggeblasen? Was also ist dran an den weitverbreiteten Märchen und Mythen rund um den Alkohol? Hier eine Auflistung der 15 gängigsten Irrtümer.
Mythos 1: Wer viel fett isst, verträgt mehr Alkohol
Falsch. Laut dem renommierten Psychiater und ehemaligen Leiter der Suchtklinik „Maria Ebene“ in Frastanz in Vorarlberg, Prim. Reinhard Haller, verzögert reichhaltiges Essen zwar die Aufnahme von Alkohol ins Blut, letztlich aber gelangt der Alkohol doch ins Gehirn. Fazit: „Wer vor dem Trinken viel isst, erreicht also nur, dass die Promille langsamer steigen. Keinesfalls sollte man sich auf die ,gute Unterlage' verlassen, wenn es ums Autofahren geht“, warnte der Experte, der für den „Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) so einige Irrtümer genauer unter die Lupe genommen hat.
Mythos 2: Durch viel Bewegung kann man Alkohol ausschwitzen
Auch diese Ansicht gehört ins Reich der Märchen. Denn der Abbau des Alkohols übernimmt zu 95 Prozent die Leber, nur die restlichen fünf Prozent werden tatsächlich über die Haut abgegeben und spielen somit so gut wie keine Rolle, wenn es darum geht, schnell wieder nüchtern zu werden.
Mythos 3: Kaffee macht nüchtern
Stimmt ebenfalls nicht. Man fühlt sich, so Haller, vielleicht nach dem Genuss eines starken koffeinhaltigem Getränk subjektiv etwas frischer, am langsamen Alkoholabbau durch die Leber ändert das aber nichts. Dasselbe gilt übrigens auch für Energy Drinks.
Mythos 4: Ein wenig Schlaf, und dann geht es wieder
Das ist laut Prof. Haller ein gefährlicher Irrtum, wenn es ums Autofahren geht. Denn auch im Schlaf werden nicht mehr als 0,1 bis 0,2 Promille pro Stunde abgebaut. Im Klartext: Es dauert in etwa zehn Stunden, bis der Alkohol aus dem Körper wieder weg ist.
Mythos 5: Alkohol verdunstet beim Kochen
Stimmt nur zum Teil. Alkohol verdunstet bei 78 Grad Celsius zwar schneller als Wasser, aber in einem Topf oder einer Pfanne sind auch andere Zutaten wie Fett, Gemüse oder Fleisch. Und die halten den Alkohol fest. Resultat: Nach einer Kochzeit von 15 Minuten sind noch immer 40% Alkohol im Essen enthalten. Es hat also einen guten Grund, weshalb trockene Alkoholiker Essen, das mit Bier, Wein oder Schnaps abgeschmeckt wurde, meiden sollten.
Mythos 6: Alkohol hält warm
Ein gefährlicher Irrtum. Alkohol erweitert die Blutgefäße, und deshalb empfindet man ein wohltuendes Gefühl der Wärme. Doch durch diese Erweiterung fließt der Alkohol, so Prof. Haller, in die Peripherie des Körpers, wo die Wärme an die Umgebung abgegeben wird. Pro halbe Flasche Wein sinkt die Körpertemperatur um ein halbes Grad, was bei großen Mengen letztlich zu einer starken Unterkühlung führen kann. Das ist mit ein Grund, warum im Winter Alkoholisierte oft erfrieren, wenn sie beim Heimweg stürzen und einfach liegen bleiben.
Mythos 7: Alkohol ist ein guter Schlummertrunk
Alkohol dämpft und betäubt zwar und man schläft dadurch schneller ein, doch der Schlaf ist nicht nur traumlos, er ist auch sehr oberflächlich und wacht dadurch öfter in der Nacht auf. Dadurch ist man am nächsten Morgen schlecht ausgeschlafen und weniger erholt. Und: „Wer seine Schlafprobleme mit Hilfe von Alkohol bekämpft, läuft in Gefahr, schneller süchtig zu werden“, warnt Haller.
Mythos 8: Mit einem Strohhalm wird man schneller betrunken
Angeblich wird, wenn man den Alkohol mit einem Strohhalm trinkt, ein Großteil davon über die Mundschleimhaut aufgenommen. Doch das stimmt nur bedingt. Denn die Mundschleimhaut ist nur so groß wie zwei Bierdeckel und kann somit nur einen geringen Teil aufnehmen. Ebenfalls geringe Alkohol-Mengen werden über die Magenschleimhaut aufgenommen, die in etwa so groß wie eine Serviette ist. Den größten Teil nimmt der Dickdarm auf, und der hat eine Größe von ca. 100 Quadratmeter, was einer Vierzimmer-Wohnung entspricht.
Mythos 9: Ein Schnaps hilft bei der Verdauung
Ist ebenfalls falsch. Sogenannte Verdauungsschnäpse verdünnen nicht das fette Essen, sondern die Säure im Magen. Dadurch aber braucht die Verdauung wesentlich länger, um die Fette im Magen abzubauen. Auch Kräuterschnäpse helfen nicht, da der Alkohol die Wirkung der Kräuter wieder aufhebt.
Mythos 10: Rotwein ist gut fürs Herz
Fragt man alte Menschen, womit sie sich gesund halten, so antworten manche, dass es am Rotwein liege, von dem sie jeden Tag ein oder zwei Gläser trinken. Doch es ist nicht der Rotwein, der eine schützende Wirkung für das Herz hat, sondern die darin enthaltenen Flavonoide, die auch im Tee oder Traubensaft enthalten sind. Eine lebensverlängernde Wirkung ist Experten allerdings nicht bekannt.
Mythos 11: Durcheinandertrinken macht schneller beschwipst
Ist auch ein Blödsinn, denn beim Konsum des Alkohols kommt es auf die menge und nicht auf die Reihenfolge an.
Mythos 12: Weintrinker leben gesünder als Biertrinker
Daran ist was Wahres, doch es liegt nicht am Getränk, sondern an der unterschiedlichen Lebensweise der Konsumenten. In Dänemark haben sich Wissenschaftler 3,5 Millionen Kassenbons genauer angeschaut und dabei festgestellt, dass Menschen, die Wein kaufen, mehr Fisch, Gemüse und Salate und weniger Butter in ihren Einkaufswägen hatten als Menschen, die Bier bevorzugen. Auch Jens Reimer von der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin weiß zu berichten, dass Weintrinker einen gesünderen sprich mediterranen Lebensstil bevorzugen als die Biertrinker.
Mythos 13: Kleine Kinder und Betrunkene sagen die Wahrheit
Das ist bedingt richtig. Alkohol führt dazu, dass Hemmungen abgebaut wird und man die Kontrolle über das, was man sagt, verliert. Das kann dazu führen, dass in manchen Fällen die Wahrheit sein, die sonst verschweigen würden, es kann aber auch ein großer Blödsinn oder gar eine Gemeinheit sein, die einem sonst gar nicht in den Sinn kommt.
Mythos 14: Bloody Mary hilft gegen den Kater
Dr. Merle Diamond, Dirketorin der Diamond Headche Clinc in Chicago hat bekannt gegeben, dass Fructose den Alkoholabbau im Körper etwas fördert. Das kann Honig sein – oder eben Tomatensaft, der auch in dem Mixgetränk Bloody Mary enthalten ist. Somit macht eine Bloody Mary nach einer durchzechten Nacht schon einen Sinn – allerdings nur, wenn man den Wodka weglässt.
Mythos 15: Bier auf Wein, das lass sein, Wein auf Bier, das rat' ich dir
Und nun zum bekanntesten Mythos, der seit Generationen herumgeistert. Um es gleich zu sagen – auch dieser Spruch gehört ins Reich der Märchen, Mythen und Irrtümer. Alkohol ist Alkohol, und in welcher Reihenfolge er getrunken wird, ist für den Brummschädel danach völlig egal. Tatsächlich verhält es sich so, dass man mehr Alkohol trinkt, wenn man das Getränk wechselt. Denn das dritte oder vierte Bier schmeckt ganz einfach nicht mehr und man trinkt es automatisch langsamer. Steigt man dann auf ein anderes Getränk, zum Beispiel Wein, um, bringt das eine Abwechslung und man trinkt schneller und mehr. Experten vermuten, dass diese Weisheit historisch bedingt ist. In früheren Zeiten galt Wein als hochwertiges Getränk, während Bier etwas für arme Leute war. Wer gesellschaftlich geachtet war, war ein Weintrinker, und wenn er später beim Bier landete, so hatte er offensichtlich einen sozialen Abstieg hinter sich. Wer sich aber vom Biertrinker zum Weintrinker stilisierte, hatte einen gesellschaftlichen Aufstieg geschafft.
Wenn Ihnen noch ein Mythos bekannt ist, dann schreiben Sie uns BITTE.
Fotos: Thomas Frohnwieser (3)