Strenge Alkoholgesetze in den USA
Die Prohibition ist noch nicht vorbei
von Harald Frohnwieser
Von 1920 bis 1933 war es in den USA offiziell verboten, Alkohol zu konsumieren und herzustellen. Die Folgen davon waren, dass der Schwarzmarkt florierte, dass die Mafia zu großem Reichtum kam, indem sie Alkohol illegal herstellte und vertrieb, und dass in den sogenannten „Flüsterkneipen“ - ein nicht öffentlich zugängiger Raum eines Lokals – gesoffen wurde, was das Zeug hielt. Seitdem Präsident Theodor Roosevelt das Verbot wieder aufhob, liegt es nicht mehr am Bund, ob getrunken werden darf oder nicht, sondern in den Händen der einzelnen Bundesstaaten. Die mit dem erlaubten oder auch nicht erlaubten Konsum von Alkohol recht unterschiedlich vorgehen: So ist in manchen Bezirken der einzelnen Bundesstaaten auch heute noch der Verkauf von Alkohol untersagt.
Normalerweise freut man sich, wenn man ab einem gewissen Alter für jünger gehalten wird als man ist. Aber der 80-Jährige, der in einem Restaurant in Florida ein Bier bestellte, war über die Aufforderung des Kellners, ihm einen Ausweis zu zeigen, um zu beweisen, dass er älter als 21 Jahre ist und er somit Alkohol trinken darf, dennoch sehr verärgert, denn er hatte blöderweise seinen Führerschein nicht dabei. Der Kellner und auch der herbeigerufenen Restaurantleiter blieben stur, der Rentner musste das Lokal ohne sein Bier wieder verlassen.
Diese kleine Geschichte zeigt, wie rigoros in den USA nicht nur mit dem Tabakrauchen, sondern auch heute noch mit dem Konsum von Alkohol umgegangen wird. Denn wenn ein Jugendlicher, der unter 21 ist, in einem Lokal Alkohol bekommt, dann drohen dem Gastronomen hohe Strafen bis hin zur Verlust seiner Lizenz.
Sind sich 48 der 50 Bundesstaaten somit einig, was das Mindestalter für den Konsum von Alkohol betrifft (außer in Puerto Rico und den Virgin Islands, wo das Trinken von Alkohol bereits ab 18 erlaubt ist), so gehen sie mit den einzelnen Bestimmungen dennoch recht unterschiedlich um. An der Westküste mit seinen pulsierenden Metropolen wie Los Angeles und Las Vegas darf Alkohol fast uneingeschränkt verkauft werden, sie sind sogenannte „Wet“-Gebiete. Anders hingegen gibt sich der Südosten der USA. In Bundesstaaten wie Texas, Louisiana, Kentucky oder Arkansas geht man mit dem Konsum von Alkohol hingegen ziemlich streng um, und in nicht wenigen Counties (Bezirke oder Landkreise) herrscht auch im 21. Jahrhundert immer noch ein striktes Alkoholverbot in den Bars oder Restaurants. So gibt es alleine in Texas 25 von den insgesamt 254 Counties, die den Ausschank von Alkohol strikt verbieten, sie sind sogenannte „dry counites“. Weitere 183 Counties erlauben lediglich, dass Bier oder Wein ausschließlich an der Theke ausgeschenkt werden dürfen, Spirituosen sind ohnehin tabu. Aber in den meisten Restaurants des gesamten Bundesgebietes wird darauf verzichtet, Alkohol auszuschenken. Dies wird auch in den Fast-Food-Ketten so gehandhabt. Denn die Lizenz für einen Alkoholauschschank ist teuer, was sich kleinere Restaurantbetreiber nicht Leisten können.
Kein Alkohol in der Öffentlichkeit
Kurios ist, dass Lynchburg in Tennessee ebenfalls zu den „dry counties“ zählt. Denn immerhin wurde in der Kleinstadt einst Jack Daniel's geboren, der den gleichnamigen Whisky kreierte und weltberühmt machte. In Utah wiederum darf Alkohol ausgeschenkt werden, aber an den Theken der Bars muss ein Sichtschutz angebracht werden, damit der Gast nicht sehen kann, wie der Barkeeper den von ihm bestellten Drink mixt. In vielen Bundesstaaten darf Alkohol nicht zwischen 2.00 und 6.00 Uhr morgens verkauft werden, aber auch in den Zeiten dazwischen gibt oft nicht mehr als 1 Liter Wein pro Kunde und generell nur Leichtbier. Auch Spirituosen dürfen nur in ganz kleinen Mengen pro Gast ausgeschenkt werden. In New York City ist es so wie in fast allen Staaten verboten, Alkohol in der Öffentlichkeit zu trinken. Wer Bier, Wein oder Spirituosen mit sich trägt, muss das Getränk so transportieren, dass niemand erkennt, dass es sich dabei um Alkohol handelt.
Striktes Alkoholverbot in Indianerreservaten
Auch beim Autofahren gibt es strikte Regeln, wie mit dem Alkohol umgegangen wird. So darf man im Fahrgastraum eines Fahrzeuges keinen Alkohol transportieren, dies ist nur im Kofferraum erlaubt. In den meisten Bundesstaaten gibt es die 0,1 Promille-Grenze, wobei in den USA der Alkoholgehalt nicht in Promille sondern in Prozent errechnet wird.Wer sich in einem Indianerreservat aufhält, darf überhaupt keinen Alkohol bei sich haben. Da die Indianer, denen in Zeiten des Wilden Westens gerne von den Weißen „Feuerwasser“ verkauft wurde, keinen Alkohol vertragen, herrscht hier ein ausschließliches Alkoholverbot, Zuwiderhandlungen werden sehr streng bestraft. Interessant ist auch, dass ein Kassierer in einem Supermarkt den Alkohol nicht selber scannen und in die obligate braune Tüte (small brown bag) verpacken darf, wenn er unter 21 ist. Dies muss dann der Kunde selbst vornehmen. Während man Bier und Wein in den Supermärkten eher zu kaufen bekommt (auch hier gibt es von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedliche Bestimmungen), gibt es Hochprozentiges nur in den sogenannten Liquor Stores, die aber nur eine eingeschränkte Öffnungszeit haben.
Komasaufen Teil der College-Kultur
Ist es also in den USA oft leichter ein Gewehr zu kaufen als an Alkohol zu kommen, so stellt sich zwangsweise die Frage, ob die strengen Alkoholgesetze den Alkoholkonsum einschränken. Gleich vorweg: Die Amerikaner unterscheiden sich hier nicht von den Europäern. Laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) trinken US-Bürger etwa ähnlich so viel wie die Deutschen. Für Jugendliche in den USA gehört es fast zum guten Ton, mit einem gefälschten Ausweis an Alkohol heranzukommen. Und ähnlich wie in unseren Breiten werden ältere Freunde (oder solche, die einen gefälschten Ausweis haben) von den Jüngeren gebeten, für sie Alkohol zu besorgen. So geben 28 Prozent der 10 bis 20-Jährigen an, mindestens ein Mal wöchentlich Alkohol zu trinken. Wobei das Binge-Drinking, also Saufen bis zum Umfallen, bei den Jungen in den Staaten noch beliebter ist als in Mitteleuropa. Zum Vergleich: In den USA waren es 2011 23 Prozent der Jugendlichen über zwölf, die soffen bis der Notarzt kam, in Deutschland hingegen nur 15 Prozent. Für eine US-Jurastudentin, die ebenfalls gerne trinkt, hat der übermäßig hohe und regelmäßige Alkoholkonsum weniger mit dem Reiz des Verbotenen zu tun, als mit der Tatsache, dass es zum guten Ton gehört, betrunken zu sein. „Komasaufen ist einfach Teil der College-Kultur“, spricht sie aus, was wohl viele Jugendliche in den USA sich auch denken.
Grafiken: Thomas Frohnwieser (1), commons.wikimedia.org (1)