Alkohol-Wegfahrsperren für Alko-Lenker in Österreich
Viel wirksamer als ein Führerscheinentzug
von Harald Frohnwieser
Ungefähr 26.000 Österreicher müssen pro Jahr ihren Führerschein abgeben, weil sie mit mehr als den erlaubten 0,5 Promille Alkohol mit dem Auto unterwegs waren. Und mehr als ein Viertel davon fährt trotzdem mit ihren Wagen weiter. Seit September 2017 werden Autofahrer, die betrunken unterwegs waren, vor die Alternative gestellt: entweder Führerschein abgeben oder mit einer Atemalkoholgesteuerte Wegfahrsperre im Auto weiterfahren dürfen. Der ehemalige österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried, SPÖ, wollte damit die Rückfallquote deutlich senken: „Die Alko-Locks sind eine von mehreren Maßnahmen, die wir zur Erhöhung der Verkehrssicherheit ergreifen werden.“
International wird schon lange über die Sinnhaftigkeit von Alkohol-Wegfahrsperren, auch Alko-Locks genannt, diskutiert. Bereits 1986 begann man in den USA damit, die Wegfahrsperren in Autos von Alkoholsündern einzubauen, mittlerweile ist diese Maßnahme in allen 50 Bundesstaaten gesetzlich verankert. In Kanada haben elf von 13 Provinzen die Wegfahrsperren ins Rehabilitationsprogramm aufgenommen. Auch in Europa kommen diese in vielen Ländern zum Einsatz: In Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande und Schweden gehören die Alko-Locks mittlerweile zum Alltag im Straßenverkehr. Eine EU-Kommission hat die Wirksamkeit der Wegfahrsperren genauestens untersucht und kam zu dem Ergebnis, dass sie bei der Vermeidung von Alkohol-Schwarzfahrten und Wiederholungsdelikten um 75 Prozent höher ist als der Entzug des Führerscheins.
Im Jahr 2014 wurden Autofahrer, denen aufgrund von Trunkenheit am Steuer der Führerschein abgenommen wurde, befragt, wie sie über einen möglichen Einbau eines Alko-Locks denken. Dabei gab mehr als die Hälfte (54,9%) an, dass es ihnen peinlich wäre, wenn sie von Nachbarn, KollegInnen oder FreundInnen dabei beobachtet würden, wie sie vor dem Wegfahren in den eingebauten Alkomaten blasen müssen, um das Auto überhaupt starten zu können. Fällt die Alkoholprobe positiv auf, dann kann der Motor nicht gestartet werden.
Nachschulungen wirken sich positiv aus
Interessant ist auch, dass die überwiegende Mehrheit der 324 Befragten (72,5%) angab, dass sie eine Nachschulung mehr dazu anhalten würde, über den richtigen Umgang mit Alkohol am Steuer nachzudenken als durch den Einbau eines Alko-Locks. Nur 27,5 Prozent der Nachtschulungsteilnehmer waren der Meinung, dass dies auch durch Alkohol-Wegfahrsperren erreicht werden könne. Aber immerhin gaben 42 Prozent an, dass der Einbau eines Alko-Lock-Gerätes sie dazu bewegen würde, den Alkoholkonsum zu reduzieren und 38,3 Prozent meinten, dass sie durch einen solchen Einbau immerhin überlegen würden, generell etwas weniger Alkohol zu trinken. Zum Vergleich: Die Nachschulung hingegen hat bei 86,9 Prozent bewirkt, dass sie jetzt reduzierter zum Alkohol greifen als vor Schulungsbeginn (siehe auch „Betrunken Auto fahren ist kein Kavaliersdelikt mehr!“).
Berufsfahrer sollen Job nicht verlieren
Doch der ehemalige Verkehrsminister Leichtfried ging es nicht nur darum, dass jemand, der betrunken am Steuer erwischt wurde, mit seinem Auto weiterhin privat unterwegs sein darf, sondern dass ein Alkoholsünder seinen Job nicht verliert, weil er das Auto beruflich braucht. „Menschen, die beruflich auf das Auto angewiesen sind, haben dadurch die Chance, ihren Arbeitsplatz nicht zu gefährden“, erklärte er bei der Präsentation der neuen Gesetzesnovelle.
Den Einbau einer Alkohol-Wegfahrsperre ordnet die Behörde an, doch man kann, wenn man das nicht will, den Führerschein abgeben. Aber: „Der Anreiz, weiterfahren zu können, ist ein hoher“, war Jörg Leichtfried überzeugt.
Code 69
Wer glaubt, dass er den Alkoholtest umgehen kann und einfach mit dem Auto des Partners, eines Familienangehörigen oder eines Freundes fahren kann, wenn er oder sie Alkohol getrunken hat, irrt. In einem eigens für Alko-Lock-Fahrer ausgestellten Führerschein wird der sogenannte Code 69 eingetragen, der besagt, dass nur mit jenem Auto gefahren werden darf, in dem die Wegfahrsperre eingebaut ist. Darf man den Führerschein auch dann behalten, wenn man übermäßig viel Alkohol im Blut hat und dies nachgewiesen wird? Dazu Sabine Kühschelm vom Verkehrsministerium zu „Alk-Info“: „Eine oberste Promillegrenze wird es nicht geben. Wenn aber Körperverletzung, vielleicht sogar mit Todesfolge, im Spiel ist, dann entscheidet nicht die Behörde darüber, ob jemand eine Alkohol-Wegfahrsperre eingebaut bekommt, sondern das Gericht.“
Psychologisches und medizinisches Begleitprogramm
Eine klassische Nachschulung wie bisher wird es für Alko-Lock-Fahrer zwar nicht geben, aber ein Begleitprogramm ist vorgesehen. Hier werden vor allem psychologische Faktoren erörtert werden, parallel dazu wird es medizinische Untersuchungen geben. Denn laut einem EU-Bericht zu diesem Thema verliert sich der pädagogische Effekt nach dem Ausbau des Gerätes wieder und die LenkerInnen trinken munter weiter – und fahren erneut betrunken mit dem Auto. „Damit tatsächlich langfristig alkoholisierte Autofahrten verhindert werden, wird zu einer Kombination mit Rehabilitationsprogrammen empfohlen“, bringt es der Bericht auf den Punkt.
Nur für die, die es sich leisten können?
Ein Kritikpunkt an den Wegfahrsperren ist der Preis: Für die begleitenden Mentoringgespräche und die Miete des Geräts fallen Kosten von 2500 Euro an, hinzu kommen etwa 300 Euro für den Ein- und Ausbau. Nochmals 100 Euro kostet die Ausstellung des neuen Führerschein, in dem – wie schon erwähnt – der Code 69 vermerkt ist. Dazu heißt es in einer Studie, die 2015 durchgeführt wurde: „In erster Linie wird damit einer einkommensstärkeren Schicht die Möglichkeit geschaffen, sich den Führerscheinentzug nach einer alkoholisierten Fahrt zu ersparen, um nicht zu sagen, sich die weitere Fahrerlaubnis zu erkaufen.“ Sabine Kühschelm vom Verkehrsministerium sieht das anders: „Das sind lediglich sieben Euro am Tag. Ein Vollrausch kostet mit Sicherheit mehr.“
Bleibt nur noch die Frage, wie lange der Alko-Sünder ins Rohr blasen wird müssen, um den Wagen zu starten. „Die Teilnahme an dem Modell statt dem normalen Entzug der Lenkberechtigung ist freiwillig. Aber wenn man sich dafür entscheidet, ist es auch verpflichtend. Die Bewährungsprobe dauert dann zumindest doppelt so lange wie die vorgesehene Führerscheinabnahme“, stellte der ehemalige Verkehrsminister Jörg Leichtfried fest.
Rechtsinformationen zu Deutschland: Hier
Foto: BMVIT (1)