Für Menschen ohne Konto:
Zweite Chance mit Zweiter Sparkasse

von Harald Frohnwieser

Offene Kredite, hohe Schulden, kein Einkommen: Nicht wenige Alkoholiker – aber nicht nur sie - stehen vor dem Problem, dass sie bei einer „normalen“ Bank kein Konto mehr bekommen. Was für einen Weg in Zweite Sparkassedie Genesung oft zu einem großen Problem wird. Denn hat man erst wieder einen Job gefunden, stellt sich die Frage, wohin das Gehalt überwiesen werden soll. Seit bald sieben Jahren bietet die Zweite Sparkasse einen Weg aus diesem Dilemma. Mit Erfolg…

Mehrere tausend Menschen haben bereits ein Konto bei der Zweiten Sparkasse, jedes Monat kommen zahlreiche neue Kunden dazu. Sehr viele Kunden haben die Zweite Bank bereits wieder verlassen, was aber von Seiten der Sparkasse durchaus als Erfolg angesehen wird. „Wir hoffen ja, dass unsere Kunden lieber ein Konto bei einer anderen Bank haben und uns bald wieder verlassen können“, sagt die Sprecherin der Zweiten Sparkasse, Maribel Königer. Denn: „Wir sind ein Institut auf Zeit in einer Notsituation.“
Und wirklich, wer ein Konto bei dieser Sparkasse braucht, hat ein Problem. Wobei es viele Gründe gibt, warum Menschen bei einem österreichischen Bankinstitut kein Konto mehr bekommen. „Nicht nur Alkohol oder Drogen sind oft schuld daran, sondern auch Kaufsucht, übernommene Bürgschaften für den mittlerweile geschiedenen Ehepartner, Unterhaltszahlungen nach einer Scheidung mit anschließendem Jobverlust, Kleinunternehmer, die ihren einzigen Großkunden verlieren, Krankheit, die Liste ist lang“, so Maribel Königer. Die Erkenntnis daraus: „Im Grunde genommen kann es jeden treffen. Und dann kommen die Menschen zu uns.“
Schnell und unbürokratisch
Doch ganz so einfach ist es nicht, bei der Zweiten Sparkasse ein Konto zu bekommen. Zuerst muss unbedingt einer der sogenannten Partner aufgesucht werden. Das sind NGOs wie die Caritas, die Schuldnerberatung, dasDie Ehrenamtlichen Mitarbeiter der Zweiten Sparkasse Hilfswerk, der Verein Dialog, die Volkshilfe etc. Caritas und Schuldnerberatung waren es auch, die bei der Entwicklung der Sparkasse mitgearbeitet haben. „Unsere Mitarbeiter, die hauptberuflich bei der Ersten Bank arbeiten oder gearbeitet haben und jetzt in Pension sind, arbeiten alle ehrenamtlich nach der normalen Dienstzeit für uns“, erzählt Königer, „die kennen sich alle im Bankbereich bestens aus, können aber nicht darüber entscheiden, ob jemand tatsächlich ein Konto bei uns braucht oder nicht. Diese Entscheidung treffen daher die Sozialarbeiter der Beratungsinstitutionen, sie sind sozusagen das Nadelöhr der Zweiten Bank.“ Wenn eine dieser NGOs befindet, dass der Kunde ein dringend ein Konto braucht, aber nirgends mehr eines bekommt, dann setzt er sich mit der Zweiten Sparkasse in Verbindung, empfiehlt den Kunden dorthin. Dann geht es relativ schnell und unbürokratisch. Der neue Kunde muss keinen festen Wohnsitz haben oder einen Pass besitzen. Es genügt, dass sich diese Organisationen für diesen Kunden einsetzen, dass sie dafür garantieren, dass der Kunde seine finanzielle Miesere in den Griff bekommen möchte.
In der Regel muss man nur ein Mal – und zwar bei der Kontoeröffnung – eine der wenigen Filialen, die es in Österreich gibt, aufsuchen. „In den Filialen herrscht eine sehr freundliche Atmosphäre, es stehen Süßigkeiten an den Tischen und es gibt eine Spielecke für die Kinder. Unsere Mitarbeite nehmen sich sehr viel Zeit für dieses erste Gespräch und erklären genau, wie es nun abläuft“, so Maribel Königer. Der neue Kunde unterschreibt einen Vertrag, bekommt eine Maestro Karte, die nicht überzogen werden darf und bekommt Daueraufträge für seine Zahlungen eingerichtet. Die Daueraufträge sind wichtig, damit der Kunde seine Rückzahlungen an diversen Firmen wie Handyanbieter, Ex-Bank, Ex-Vermieter oder Versandhaus nicht vergisst. Dazu Maribel Königer:Kinderecke der Zweiten Sparkasse „Vergisst er darauf, kommt er wieder ins Schleudern, und gerade das wollen wir vermeiden.“ In den Filialen selbst gibt es keine Kassa, keinen Kontoauszugsdrucker und keine Überweisungsgeräte. Dies alles kann in den Foyers der Ersten Bank erledigt werden.
Stigmatisierung – ein Problem?
Bei der Gründung der Zweiten Sparkasse im Jahr 2006 wurde zunächst überlegt, kein Geld für die Kontoführung zu verlangen. Doch dann wurde überlegt, dass die Kunden sich daran gewöhnen sollen, das alles seinen Preis hat. Deshalb werden neun Euro im Quartal vom Konto abgebucht. Doch dieses Geld gehört nicht der Sparkasse sondern wird für den Kunden als eine Kontokaution samt Zinsen angespart und dann ausbezahlt, wenn er bei einer anderen Bank wieder ein Konto eröffnen darf und er die Zweite Sparkasse wieder verlässt. „Ursprünglich haben wir daran gedacht, dass uns ein Kunde nach drei Jahren wieder verlassen soll, doch da sich die meisten in einem Privatkonkursverfahren befinden, was ja viel länger dauert, sind wir davon wieder abgekommen“, erzählt die Sprecherin der Zweiten Sparkasse. Wie aber reagieren Firmenchefs darauf, wenn sie erfahren, dass ihr Mitarbeiter, ihre Mitarbeiterin, ein Konto bei der Zweiten Sparkasse haben? Oder anders gefragt, ist man nicht stigmatisiert, wenn man bei dieser Sparkasse Kunde ist? Quasi als Schuldner abgestempelt ist? „Uns ist bisher kein einziger Fall bekannt, wo es deswegen ein Problem mit einem Arbeitgeber gegeben hätte“, so Maribel Königer, „es ist eher so, dass die Chefs denken, dass da jemand ist, der zwar Probleme hat, der aber dabei ist, sich selber wieder am Schopf raus zieht. Und dass er durchaus bereit ist, Hilfe anzunehmen.“
Trockene Alkoholiker haben Stärke
Königer sieht das ebenfalls so. „Nehmen wir zum Beispiel einen Alkoholiker, der mit dem Trinken aufgehört hat. Ich finde, wenn sich jemand aus einer so schwierigen Situation befreien kann, dann ist er viel stärker als andere, die nie in einer solchen Lage waren.“
Wenn der Name der Sparkasse ein Problem ist, dann ist es ein Problem mancher Kunden, die sich dafür genieren, nirgendwo anders mehr ein Konto zu bekommen. Eine Studie über die Zweite Sparkasse sagt, dass zwar die überwältigende Mehrheit aller Kunden froh ist, wieder ein Konto zu haben, dass sie aber noch viel froher wären, wenn sie es nicht mehr brauchen würden. „Genauso soll es sein“, sagt Maribel Königer. Irgendwie seltsam – eine Bank, die neue Kunden sucht und dennoch froh ist, wenn diese später woanders ein Konto eröffnen. Es muss nicht einmal beim sogenannten Mutterhaus, der Ersten Bank, sein…

Zweite Sparkasse: www.sparkasse.at/diezweitesparkasse

Partner: www.sparkasse.at/diezweitesparkasse/Partner

Fotos: Thomas Frohnwieser (2) Logo: Sparkasse (1)