Ex-Beatle Ringo Starr
„Habe gelernt, auf mich aufzupassen!“
von Harald Frohnwieser
Als Beatle lagen ihm die Fans zu Füßen, Jahre später konnte sich Ringo Starr - gezeichnet vom Alkohol - kaum mehr auf den Beinen halten. Doch seit seiner Entziehungskur 1988 ist der wohl berühmteste Schlagzeuger der Welt trocken. Und sorgt seitdem bei seinen Konzerten für ausverkaufte Säle.
„Ich war kurz davor, horizontal zu enden.“ Und: „Meine Furcht davor war so groß, dass ich etwas dagegen unternehmen musste.“ Die Angst, die Ex-Beatle Ringo Starr eingeholt hatte, war die vor dem Alkohol. Und dagegen unternommen hatte der Schlagzeuger der berühmtesten Band aller Zeiten dann nach vielen Jahren etwas – 1988 checkte er gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Barbara Bach, James-Bond-Girl in „Der Spion, der mich liebte“, in einer Entzugsklinik in den USA ein. „Hier habe ich gelernt, auf mich aufzupassen“, sagte er danach in einem Interview nicht ohne Stolz.
Am 7. Juli 1940 als Richard Starkey in Liverpool geboren, war Ringo ein sehr kränkliches Kind. Sein Vater verließ die Familie, als Ringo drei Jahre alt war. Mit sechs Jahren musste er mit einer Blinddarmentzündung ins Krankenhaus und bekam als Folge davon eine Bauchfellentzündung, musste operiert werden und lag anschließend zehn Wochen lang im Koma. Alles in allem war Ringo ein Jahr im Spital. Mit 13 musste er erneut in eine Klinik – diesmal wegen einer Rippenfellentzündung, die auch auf die Lunge übergriff. Ganze zwei Jahre lang musste der Teenager in der Klinik bleiben. „Die Schule habe ich kaum von Innen gesehen“, erzählte er später gern.
Beatlemania
Im Spital schloss er sich dem Stationsorchester an. „Da waren vier Kinder mit Becken und zwei mit Triangeln. Ich wollte nur die Trommel spielen“, erinnerte er sich später. Wieder zu Hause begann er eine Schlosserlehre. Und lernte nebenbei Schlagzeug zu spielen. Er nannte sich fortan Ringo Starr, spielte in mehreren Bands, bis er schließlich der Gruppe von Rory Storm anschloss, mit der er Anfang der Sechziger Jahre auch in Hamburg auftrat. Hier lernte er erstmals die Beatles kennen, die so wie er aus Liverpool stammten und in Hamburg ein Engagement hatten. Deren Drummer Pete Best war öfter krank, also half Ringo aus. Und freundete sich mit John Lennon, Paul McCartney und George Harrison an. Eine Freundschaft mit Folgen – 1962 griff John Lennon zum Telefon, um Ringo zu fragen, ob er nicht fix bei ihnen einsteigen möchte. Der Rest ist Musikgeschichte – ab 1963 landeten die Beatles einen Hit („Yesterday“, „Nowherman“, All You Need is Love“, „Hey Jude“ u.v.a.) nach dem anderen, die Hysterie rund um die Band ist heute noch legendär – Beatlemania rund um den Globus!
Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts kam es zu Spannungen innerhalb der Band, im April 1970 gab Paul McCartney bekannt, dass er kein Beatle mehr ist. Während Lennon, McCartney und Harrison ihre Solokarrieren starteten, fiel Ringo, der zeitweise der beliebteste Beatle war, vor allem in den USA, in ein tiefes Loch. Zwar brachte er immer wieder ein neues Album auf dem Markt, aber an die großen Erfolge von einst konnte er nicht mehr anschließen. Als er sich 1975 von seiner ersten Frau Maureen, mit der er drei Kinder hat, trennte, griff der „Drummer mit dem traurigen Dackelblick“ immer öfter zu Alkohol.
Doppelter Brandy Alexander
Doch schon in den Jahren zuvor war Ringo viel am Feiern. Als Lennon 1974 von seiner Frau Yoko Ono getrennt in Los Angeles lebte, kam sein ehemaliger Bandgenosse oft auf Besuch. Gemeinsam mit den Musikern Keith Moon, Schlagzeuger bei The Who, und Harry Nielsson machten sie die Nacht zum Tag. „Brandy Alexander“ war Ringos Lieblingsgetränk. „Es gibt einen Trick dabei“, verriet Ringo seinen Freunden gerne, „wenn du einen Brandy Alexander bestellst, musst du dir einen doppelten bestellen. Du musst sagen, dass du einen Brandy extra haben willst, weil sie dir immer zu wenig davon geben. Du trinkst du einen Schluck ab und kippst ihn rein. Dann hast du einen ordentlichen Drink.“
Die Saufgelagen waren so ausufernd, dass es sogar Ringos Kumpel Lennon mulmig wurde.
Erfolgreiche Therapie
Auch Rockstar Alice Cooper war oft mit von der Partie. „Wir waren die sogenannten ,Hollywood Vampires', und der einzige Grund dieses Clubs war das Saufen“, erzählt Cooper über diese Zeit. Nachsatz: „Wir haben uns oft nächtelang bis zur Besinnungslosigkeit zugeschüttet.“
1980, in dem Jahr, als John Lennon in New York erschossen wurde, lernte Ringo bei den Dreharbeiten zu der Steinzeitklamotte „Caveman“ die Schauspielerin Barbara Bach kennen. Und verliebte sich in sie, ein Jahr später feierte das Paar seine Hochzeit.
1988 dann der Zusammenbruch, beide – auch Gattin Barbara sprach dem Alkohol zu – waren sich im Klaren darüber, dass es so nicht mehr weiter gehen konnte. In einer Entzugsklinik in den USA – wo das Paar zeitweise wohnt – lernten sie, ein trockenes, zufriedenes Leben zu führen. Ringo raucht auch nicht mehr und isst kein Fleisch. Und er hat zu einer Spiritualität gefunden. „Für mich ist Gott in meinem Leben, davor verstecke ich mich nicht mehr“, bekannte er vor einiger Zeit.
Als Musiker ist Ringo seither wieder viel unterwegs, gemeinsam mit seiner „All Starr Band“, deren Mitglieder immer wieder wechseln, sorgt er für ausverkaufte Konzerte. Im Juli 2011 trat Ringo erstmals in Wien auf. „Good Night Vienna“ sang er zwar nicht, aber die Stimmung war dennoch riesig. Das Publikum war altersmäßig bunt durchgemischt, Zwölfjährige mit Beatles-T-Shirts standen neben Pensionisten. Und mittendrin viele 20- bis 30-Jährige, die Ringo zujubelten.
Mit dem Trinken hat Ringo zwar aufgehört, die Musik aufgeben will er aber nicht. „Ich bin Musiker“, sagte er in einem Interview, „und das Gute daran ist, dass man immer Musik machen kann. Solange mir die Schlagstöcke nicht aus der Hand fallen, werde ich spielen.“
Die Fans, und das sind nicht wenige, werden es ihm danken.
Foto: commons.wikimedia.org / Rob Acosta (1)
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