Gitarrist Eric Clapton finanziert Suchtklinik in der Karibik
Alkohol- und Drogenentzug im Paradies
von Bernhard Praschl
Dieser Mann hat seine Dämonen längst besiegt. Das Leben des 1945 geborenen Ausnahmegitarristen und 20-fachen Grammy-Gewinners Eric Clapton war viele Jahre lang geprägt von seiner Alkohol-, Drogen- und Tablettensucht. Mittlerweile schon lange trocken und clean, gibt es neben der Musik eine neue Aufgabe für ihn: Auf der paradiesisch anmutenden Karibikinsel Antigua hat Clapton im Jahr 1998 „Crossroads“ ins Leben gerufen – eine Therapieeinrichtung für Alkoholiker und Drogenabhängige.
Es war im Sommer des Jahres 1966, England befand sich bis auf drei junge Musiker im Fußball-WM-Fieber: Eric Clapton, Jace Bruce und Ginger Baker. Gitarre, Bass und Gesang, sowie Schlagzeug. Viel weniger geht in der Rockmusik gar nicht. Viel mehr damals aber auch nicht. Sie sollten ihren ersten Gig als Trio geben, in einem Club in Manchester. „Wir spielten einen Set, der aus den Blues-Covern ,Spoonful', ,Crossroads' und ,I'm so Glad' bestand“, schrieb Mr. Slowhand in seiner 2007 erschienenen Biografie „Mein Leben“ (Verlag Kiepenheuer & Witsch). Es war der Abend, als „Cream“ debütierte. Ein Abend, der bald Geschichte schreiben sollte, denn gleich danach, am 3. Juli 1966, war ein Auftritt beim National Jazz & Blues Festival in Windsor gebucht. „Nachdem jeder von uns bis dahin vorwiegend in Clubs aufgetreten war, sollten wir nun plötzlich vor fünfzehntausend Leuten spielen. Wir hatten eine winzige Anlage und zu dritt anscheinend viel zu wenig Power.“
Das Trio hat seine Sache gut gemacht, sehr gut sogar. Die von Robert Stigwood gemanagten „Cream“ traten nach „The Who“ auf, der damals lautesten Band der Welt. Kein Problem. Danach machte sich in der Rockmusik ein neuer Begriff breit: „Cream“ wurden von der Musikpresse als die allererste „Supergroup“ gefeiert. Der Rest ist Geschichte.
„Crossroads“, jener Titel, der sich auf den von Blues-Pionier Robert Johnson anno 1936 aufgenommenen „Cross Road Blues“ bezieht, zählt seither zu Claptons fixem Repertoire. Auch beim Auftritt in Wien kann man sich darauf freuen. Weniger bekannt aber ist, dass der 1945 geborene Musiker und 20-fache Grammy-Gewinner, dessen Karriere über weite Strecken von Drogen, Alkohol, Tablettensucht und großem familiärem Chaos und Leidgeprägt war, unter dem Titel „Crossroads“ seit Jahren ein eigenes, von Ärzten und Psychologen geleitetes Suchttherapiezentrum betreibt und finanziert – in Antigua in der Karibik.
Jahre im Dauerrausch
Warum ausgerechnet dort? Nach Antigua zog sich Clapton schon Ende der 1960er Jahre zurück, um nach den ausgedehnten Tourneen wieder Energie zu tanken. Dort war es auch, dass er mit den negativen Folgen des Drogenmissbrauchs konfrontiert worden war. Nicht nur als Beobachter in der ersten Reihe, er glitt selbst ab in den Strudel, von dem er sich kaum losreißen konnte. Kaum waren „Cream“ aufgelöst, begann der erste Abstieg des begnadeten Musikers. Anfang der 1970er Jahre verbrachte E.C. beinahe drei Jahre ohne Unterbrechung im Heroinrausch, um gegen die Liebe zu seines Freundes George Harrisons Frau Pattie Boyd zu kämpfen – und sich und die Welt zu vergessen. Nach kurzer Erholung und einem Experiment mit der Elektro-Akupunktur-Therapie „Black Box“ folgte die langjährige Abhängigkeit von Kokain, Alkohol und Tabletten. Man braucht nur Fotos von Eric Clapton in den 1980er- und frühen 90er Jahren zu googlen und weiß Bescheid.
Mitte der 90er Jahre, nach weiteren gescheiterten Beziehungen, dem tragischen Tod seines Sohnes Conor, der 1991 im Alter von viereinhalb Jahren bei einem Fenstersturz ums Leben kam, und dem Verlust einer Freundin war es für Eric Clapton wieder einmal Zeit, Zwischenbilanz zu ziehen. „Als Alice noch in der Priory Clinic war, hatte sie einmal zu Chris gesagt, dass die Qual der Nüchternheit ihr unerträglich sei. Das zeigt mir nur umso deutlicher, wie glücklich ich mich schätzen konnte, dass ich nach all den Jahren meiner Trunk- und Drogensucht wenigstens noch meine Musik gehabt hatte. Sie war immer meine Rettung gewesen. Sie ließ meinen Lebenswillen nicht erlahmen, auch wenn ich nicht selbst spielte, sondern bloß zuhörte (aus „Mein Leben“).“
Nicht für gefallene Stars
Jener Chris – Leiter der Suchtklinik Priory Clinic – und ein Freund regten Clapton schließlich auch dazu an, sich nicht bloß frustriert im Weltschmerz zu wälzen, sondern „etwas gegen Suchtkrankheiten zu unternehmen“. Chris meinte, so hält Clapton in seinen Memoiren fest: „Geld genug hast du, also bau ein Behandlungszentrum.“ Leichter gesagt als getan. Ein Grundstück dafür und auch die Unterstützung der Regierung von Antigua waren rasch gesichert, dann aber stiegen die Kosten für den Bau und den Erhalt dieser etwa 40 Zimmer großen Einrichtung immer mehr. Die Versteigerung Dutzender Fender Stratocaster des Meister bei Christie's in New York sollten den Anfang einer beispiellosen Finanzierung der Klinik machen. Seit 2007 veranstaltet Clapton auch alljährlich in den USA ein dreitägiges Gitarrenfestival mit prominenter Mithilfe von Kollegen wie Carlos Santana, John Mayer oder Robert Cray, um ausreichend Geld für den Betrieb des Crossroads Centre aufzutreiben. Wobei es sich dabei ausdrücklich nicht um ein angesagtes Hideaway für gefallene Stars aus Europa und den USA handelt, sondern um ein Therapiezentrum für Suchtkranke im karibischen Raum, einschließlich Antigua.
„Meine Vision war es, ein Zentrum auf höchstem Niveau zu errichten, um Menschen in der Karibik und der ganzen Welt zu behandeln“, schreibt Clapton auf der Homepage seines Zentrums. Und ein paar Zeilen weiter: „,Crossroads' ist mit keinem anderen Behandlungszentrum vergleichbar. Es ist der perfekte Ort, um sich zu regenerieren und bietet eine Kombination von wirksamen Therapien.“ Eine davon ist auch die Miteinbeziehung der Familie, denn: „Nicht nur die Betroffenen leiden unter ihrer Sucht, auch die Familienmitglieder.“
Non-Profit-Centre
Billig ist die Behandlung, die sich an das Zwölf-Schritte-Programm der AA orientiert und u. a. Yoga, Massagen, Gruppen- und Einzeltherapie, medizinische Behandlung sowie Ohrakupunktur beinhaltet, nicht: So betragen die Kosten für das Vier-Wochen-Programm US $ 27.500,-- (etwa 17.700 Euro), die sechswöchige Therapie kostet etwas mehr als 25.000 Euro). Profit daraus wird Claptons Angaben zufolge nicht gezogen: „Wir sind ein Non-Profit-Centre.“
Lassen wir Clapton die Schlussworte. Gegen Ende seiner lesenswerten Biografie „Mein Leben“ schreibt er: „Meine Frau (mit der Grafikkünstlerin Melia McEneryist Clapton seit 2002 verheiratet, Anm.) und meine Kinder schenken mir täglich Glück und Freude, und wenn ich kein Alkoholiker wäre, würde ich mit Vergnügen sagen, sie seien das Allerwichtigste in meinem Leben. Aber das geht nicht, denn ich weiß, wenn ich meine Nüchternheit nicht ganz oben auf die Liste setze, werde ich alles verlieren. Ich gehe immer noch regelmäßig in die Meetings der Anonymen Alkoholiker und halte zu möglichst vielen Leuten dort ständigen Kontakt. Nüchtern bleiben und anderen helfen, nüchtern zu werden – das wird in meinem Leben immer die oberste Priorität besitzen.“
Crossroads – Centre Antigua
P.O. Box 3592 St. John’s, Antigua, West Indies
Tel.: +1 268/562 - 0035
USA und Canada: +1 888/452 - 0091
United Kingdom: +0 800/783 - 9631
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Web-Adresse: www.crossroadsantigua.org