Studie über Alkohol und Krebs
Um ganze 17 Jahre weniger!

von Harald Frohnwieser

Das Risiko, an Krebs zu erkranken, steigt mit jedem Glas: Mehr als zehn Millionen Menschen in Deutschland und etwa 1,1 Millionen in Österreich kämpfen mit ernsthaften Alkoholproblemen. Dass zu viel Alkohol schlecht für die Gesundheit ist und die Lebenserwartung sinkt, ist bekannt. WissenschaftlerBrustkrebs des deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg haben nun herausgefunden, dass Menschen, die zu viel Alkohol trinken, rauchen, sich ungesund ernähren und übergewichtig sind, eine um 17 Jahre geringere Lebenserwartung haben als jene, die auf Alkohol und Nikotin verzichten und sich gesund mit Obst und Gemüse ernähren.

Wer regelmäßig Alkohol missbraucht lebt ungesund. Daran sind nicht nur zu viel Bier, Wein oder Wodka schuld, es ist auch der Lebensstil, der Menschen, die an Alkoholismus erkrankt sind, früher ins Grab bringt als jene, die moderat trinken. Denn Alkoholiker achten kaum auf ihre Gesundheit, sie rauchen in den meisten Fällen viel zu viel und ernähren sich sehr ungesund. Und das kostet Lebenszeit. Die Forscher der DKFZ in Heidelberg haben genau aufgelistet, was uns Lebensjahre beraubt:

* Rauchen
Raucht ein Mann mehr als zehn Zigaretten pro Tag, so verliert er ganze 9,4 Jahre an Lebenserwartung, bei einer Frau sind es 7,3 Jahre. Auch ein moderater Konsum von weniger als zehn Zigaretten pro Tag verringert die Lebenszeit beider Geschlechter um geschätzte fünf Jahre.

* Alkohol
Starker Alkoholkonsum – Männer mit mehr als vier Gläser am Tag, Frauen mehr als ein Getränk täglich – senkt die Lebenserwartung um 3,1 Jahre bei Männern und um 1,0 Jahre bei Frauen.

* Übergewicht
Zu viele Kalorien sorgen dafür, dass Männer um 3,1 und Frauen um 3,2 Jahre weniger leben als ihre schlanken Mitbürger.

Rotes Fleisch (Rindfleisch)* Rotes Fleisch
Ein hoher Verzehr an rotem Fleisch (Rindfleisch, Kalbfleisch, Schweinefleisch, Schaffleisch, Lammfleisch) sorgt bei Männern dafür, dass sie 2,4 Jahre früher sterben, bei Frauen sind es immerhin noch 1,4 Jahre.

In einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung KURIER sagt der Epidemiologe Prof. Rudolf Kaaks vom DKFZ in Heidelberg, dass auch er vom Ergebnis der Studie überrascht war: „Dass dieser Gesamteffekt so hoch ist – das hätten wir nicht erwartet.“ Der Wissenschaftler hofft, dass diese Studie vor allem Jugendliche zu einem gesünderen Leben animieren kann: „Jugendliche, die mit 14, 15 oder 16 Jahren mit dem Rauchen oder Alkoholkonsum beginnen, halten sich ja für unsterblich. Aber irgendwann kommt der Punkt, wo sie ihre Gewohnheiten nicht mehr loswerden können.“ Und weiter: „Oft werden wissenschaftliche Hinweise als auf einen gesunden Lebensstil als ,erhobener Zeigefinger' empfunden. Deswegen ist es so wichtig, dass wir ganz klar beziffern, was jeder Einzelne an Lebenszeit gewinnen kann, wenn er frühzeitig auf ungesunde Angewohnheiten verzichtet.“
Krebsdaten von mehr als 350.000 Menschen
Nikotin fördert in erster Linie den Lungenkrebs, Alkohol hingegen kann verschiedene Krebsarten begünstigen. Eine im Februar 2013 veröffentlichte Studie, inwieweit Krebs durch Alkohol begünstigt wird, besagt, dass zu den häufigsten Krebsarten, die durch Alkoholkonsum hervorgerufen werden, Mund-, Speiseröhren-, Kehlkopf- und Rachenkrebs, Leber- und Darmkrebs sowie Brustkrebs bei Frauen gehört. Für die Studie wurden die Daten von mehr als 100.000 Männern und 250.000 Frauen aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Großbritannien, Niederlande, Griechenland und Dänemark ausgewertet. Wobei bekannte Krebsverursacher wie Rauchverhalten, falsche Essgewohnheiten und Hormonersatztherapien berücksichtigt und aus dem Ergebnis herausgerechnet wurden.
Alkohol greift schützende Schleimhaut an
Fazit: 18 Prozent der Männer, die mehr als die gesundheitliche Menge von 24 g Alkohol – also etwas mehr als ein Viertelliter Wein – pro Tag tranken, erkrankten an Krebs, bei Frauen – hier gelten als Messlatte 12 g Alkohol – waren es vier Prozent. Ob die Kresbspatienten Bier, Wein oder Härteres zu sich nahmen, war freilich irrelevant. Aber: Das Krebsrisiko steigt nicht für alle Tumorarten gleichermaßen. So stellen harte Drinks vor allem für den Mund- und Rachenbereich eine große Gefahr dar. „Hochprozentiger Alkohol greift die schützende Schleimhaut an. Das Gewebe kann sich leichter verändern“, sagt dazu Helmut Heseker, Professor für Ernährungswissenschaften der Universität Paderborn in Deutschland und ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Über welche anderen Mechanismen Alkohol die Krebsentstehung beeinflusst, ist noch nicht geklärt. Krebsforscher gehen davon aus, dass Abbauprodukte des Alkohols aktiv werden. So kann sich zum Beispiel Acetaldehyd mit Bausteinen der Erbsubstanz verbinden.
Strukturformel von AcetaldehydViermal so viele Alkohol-Tote als im Straßenverkehr
Fest steht jedenfalls, dass übermäßiges Trinken bei uns viermal so viele Opfer fordert wie der Straßenverkehr. Im Jahr 2012 starben alleine in Deutschland 14.551 Menschen an den Folgen ihres Alkoholkonsums, bei Verkehrsunfällen kamen im selben Jahr 3827 Menschen ums Leben. Doch in der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) ist man überzeugt, dass der Alkohol noch viel mehr Todesopfer fordert. Denn: Das Statistische Bundesamt zählt nur jene Todesfälle, bei denen ein Arzt einen direkten Zusammenhang mit Alkohol erkennt und das auf den Totenschein notiert hat. Schon im Jahr 2002 kam eine Studie der Universität Geifswald auf fast 80.000 Alkohol-Tote pro Jahr. Eine erschreckend hohe Zahl, die sicher nicht weniger geworden ist. Dazu der Geschäftsführer der DHS, Raphael Gaßmann: „Trinker und Raucher – das sind die Drogentoten in Deutschland. Danach kommt lange nichts.“ Und weiter: „Deutschland ist ein führendes Land beim Alkohol-Konsum und daher auch eine Alkohol-Problem-Nation.“
Österreich hätte er ruhig mit erwähnen können…

Foto: Thomas Frohnwieser (1) Grafik: commons.wikimedia.org (1)

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