Jugendschutzgesetze – ein Überblick:
Moderate Österreicher, strenge Schweden
von Harald Frohnwieser
Anfang 2013 sollte ein neues, einheitliches Jugendschutzgesetz in Österreich starten, freilich ohne Tirol und Vorarlberg. Das neue Gesetz sollte in den restlichen sieben Bundesländern den 14- bis 16-Jährigen erlauben, bis ein Uhr morgens unterwegs zu sein. Doch daraus wurde nichts. Die steirischen Jugendlichen zwischen 14 und 16 müssen nun weiterhin so wie bisher spätestens um 23 Uhr den Heimweg antreten, unter 14-Jährige müssen – ebenfalls so wie bisher auch – um 21 Uhr zuhause sein. Für all jene, die älter als 16 Jahre alt sind, gilt nun eine unbeschränkte Ausgehzeit. Gleich bleibt jedoch in der Steiermark so wie in Oberösterreich, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg auch die Regelung des Konsums von Alkohol – harte Getränke wie Wodka, Schnaps aber auch Alkopos sind für unter 18-Jährige tabu. Erlaubt sind für Jugendliche ab dem 16. Lebensjahr nur nicht gebrannte Getränke wie Bier oder Wein. In Niederösterreich, dem Burgenland und in Wien sind ab dem vollendeten 16. Lebensjahr alle alkoholischen Getränke (einschließlich Wodka, Schnaps oder Alkopops) erlaubt, in der Bundeshauptstadt ist jedoch Alkohol an Schulen bis zum 18. Geburtstag verboten. Wie andere Länder mit dem Jugendschutz umgehen – ein Überblick.
„Irgendwann muss man das machen, was einem das Gefühl sagt“, begründet der Jugendlandesrat der Steiermark Michael Schickhofer (SPÖ) den Schwenk. Er sei, so der Politiker, immer hin- und hergerissen gewesen zwischen dem politischen Kompromiss und den Familien, die sich wegen der verlängerten Ausgehzeiten Sorgen um ihren Nachwuchs machten. Nicht nachvollziehen kann den Meinungsumschwung der Wiener Jugendstadtrat Christian Oxonitsch: „Gerade die Steiermark hat hat den Kompromiss damals vorgeschlagen“, so Schickhofers Parteifreund.
Doch nicht nur die Steiermark, auch das Bundesland Oberösterreich will sich von der ursprünglichen Regelung verabschieden: Für 14- bis 16-Jährige soll so weiterhin so wie bisher ab Mitternacht Zapfenstreich sein.
Umstritten waren die Neuregelungen der Ausgehzeiten von Anfang an, die Leserbriefseiten in den österreichischen Tageszeitung waren jedenfalls voll von Zuschriften besorgter Erziehungsberechtigter, die Angst darum haben, dass ihr jugendlicher Nachwuchs dem Druck der Altersgenossen nicht standhalten kann und so wie der Freund, die Freundin ebenfalls erst eine Stunde nach Mitternacht ins elterliche Heim finden wird. „Das sind doch noch Kinder in diesem Alter“ und „Wie sollen die in der Schule lernen, wenn sie erst so spät nach Hause kommen?“ brachten viele ihre Ängste auf den Punkt.
Weiterhin unterschiedliche Ausgehzeiten
Bei den Ausgehzeiten gibt es auch weiterhin unterschiedliche Regelungen. Jugendliche bis zum 14. Lebensjahr dürfen in Wien, Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich und Tirol bis 22 Uhr weg, in Vorarlberg und Kärnten bis 23 Uhr. In Salzburg und in der Steiermark müssen sie bereits um 21 Uhr daheim sein. 14- bis 16-Jährige dürfen in Wien, Burgenland, Niederösterreich, Kärnten, Tirol und Vorarlberg bis 1 Uhr wegbleiben, in Salzburg und in der Steiermark müssen sie um 23 Uhr und in Oberösterreich bis um Mitternacht zu Hause sein. Über 16-Jährige haben außer in Vorarlberg – hier müssen 16- bis 18-Jährige um 2 Uhr morgens zu Hause sein – unbegrenzten Ausgang.
Dass es nun weiterhin bei den unterschiedlichen Regelungen bleiben wird, enttäuschte den ehemaligen Familienminister Reinhold Mitterlehner. „Wir bedauern, dass es zu keiner Einigung der Länder gekommen ist“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme.
Strengere Regeln beim Alkohol
Gibt sich das neue Jugendschutzgesetz zwar beim Ausgehen großzügig, beim Alkohol treten dafür strengere Regeln in Kraft. Der Konsum von Alkohol ist zwar weiterhin ab dem 16. Lebensjahr erlaubt, aber Jugendliche unter 18 Jahren (bisher ab 16) dürfen keine harten Getränke kaufen und konsumieren, auch Alkopops, da Mischgetränke, sind für Minderjährige nun strengstens tabu. Getränke mit einem geringeren Alkoholgehalt wie Bier oder Wein sind ab 16 Jahren weiterhin erlaubt.
Nur in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und dem Burgenland darf man weiterhin ab dem vollendeten 16. Lebensjahr auch zu harten Getränken wie Wodka, Schnaps oder Alkopops greifen.
Wie sieht es mit dem Schutz der Jugend beim Alkohol und beim Ausgehen in anderen europäischen Ländern aus?
In Deutschland zum Beispiel ist der Genuss von Bier, Wein oder Sekt ab 16, Spirituosen und Mixgetränke sind erst ab 18 erlaubt. In die Disco oder andere Veranstaltungslokale dürfen Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren bis 24 Uhr. Ausnahme: Wird die Veranstaltung von einem anerkannten Träger der Jugendhilfe durchgeführt oder wenn es sich um eine künstlerische oder um eine der Brauchtumspflege dienende Veranstaltung handelt, dann dürfen Kinder bis 14 Jahren bis um 22 Uhr und Jugendliche zwischen 14 bis 16 Jahren bis um Mitternacht dabei sein.
Jugendliche zwischen 16 und 18 dürfen in Frankreich ebenfalls nur „weiche“ Getränke wie Bier oder Wein zu sich nehmen, geplant ist aber ein generelles Alkoholverbot für unter 18-Jährige. Großzügiger sind die französischen Politiker wenn es darum geht, wie lange die Jugendlichen ausgehen dürfen, es ist im Gesetz nicht klar definiert. In der Regel aber haben Jugendlichen unter 16 Jahren in Discos keinen Zutritt, weil die Betreiber das nicht wünschen.
Hier sagt das Gesetz klar, dass Kinder und Jugendliche, wenn sie alleine unterwegs sind, unter 18 keinen Alkohol trinken dürfen, alkoholische Getränke dürfen aber im Beisein der Eltern getrunken werden. Eine Unterscheidung bezüglich des Alkoholgehalts gibt es keine. Wenn der Papa oder die Mama, in Großbritannien, dabei sind, dürften Kinder und Jugendliche auch Wodka oder Whisky in sich hineinschütten.
Beim Ausgehen gibt es ähnlich wie in der Schweiz oder in Frankreich keine fixe Regelung. Es wird ganz einfach von den Eltern erwartet, dass sie ihre Kinder beaufsichtigen, bis sie alt genug sind und auf sich selbst Acht geben können. Aber manche Discos haben eigene Altersbeschränkungen und lassen erst Erwachsene ab 18 hinein.
In Island ist nicht nur der Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen in Discos, egal zu welcher Uhrzeit, verboten, auch was den Alkohol betrifft, kennen die Nordländer keine Gnade – erst wer das 20. Lebensjahr überschritten hat, darf zu Bier, Wein, Sekt oder Härterem greifen.
In Italien ist der Alkohol-Konsum von Jugendliche unter 16 Jahren zumindest in der Öffentlichkeit verboten, der Aufenthalt in Nachtklubs und Nachtlokalen – dazu zählen auch Discos – ist für Kids unter 16 streng verboten. Prinzipiell gilt, dass der Besuch von Kindern und Jugendlichen in Gaststätten, Discos oder Bars überall dort verboten ist, wenn das jeweilige Lokal dies öffentlich (meist am Eingang) mit einem Verbot deutlich sichtbar bekannt gibt. Spezifische Verbote für Kinder und Jugendliche, was den Besuch von Gaststätten (Cafés, Restaurants, Pizzerias, Pubs etc.) anbelangt, gibt es nicht, egal ob sie alleine oder in Begleitung eines Erwachsenen sind.
Bier und leichte alkoholische Getränke dürfen in den Niederlanden ab dem 16. Lebensjahr erworben und getrunken werden, Spirituosen sind bis 18 verboten. Eine Beschränkung für Minderjährige, wie lange sie sich im Freien aufhalten dürfen, gibt es nicht, aber Bezirke und Städte können lokale Vorschriften erlassen. In vielen Bars oder Discos gibt es eine relativ hohe Altersbeschränkung, mitunter haben erst junge Erwachsene ab dem 21. Lebensjahr Zutritt.
Relativ streng sind – was den Alkohol betrifft – die Schweden: In den Geschäften darf Alkohol erst an Menschen, die das 20. Lebensjahr überschritten haben, verkauft werden, in Restaurants dürfen aber über 18-Jährige Alkohol konsumieren. Wie lange Kinder und Jugendliche von daheim fortbleiben dürfen, ist ebenfalls nicht geregelt, aber in die meisten Discos darf man erst rein, wenn man erwachsen ist.
In der Schweiz darf, so wie in Österreich auch, Alkohol erst ab 16 getrunken werden, 16 bis 18-Jährige dürfen zwar Bier, Wein oder Weinmischgetränke konsumieren, Härteres ist aber erst ab dem 18. Geburtstag gestattet. Die Ausgehzeiten für Jugendliche hingegen sind nicht fix geregelt. In diesem Punkt gilt die Aufsichtspflicht der Eltern, sie müssen mit ihren Kindern zu einer einvernehmlichen Regelung kommen.
Auch in der Türkei gibt man sich Jugendlichen nicht gerade großzügig, wenn es um den Genuss von Alkohol geht: Alkoholkonsum bis zum 18. Lebensjahr ist generell verboten, Kinder und Jugendliche unter 18 haben auch keinen Zutritt zu Lokalen, in denen Alkohol verkauft wird. Ausnahme: Wenn zumindest ein Elternteil dabei ist, darf der Jugendliche rein, aber nur unter der Voraussetzung, dass er nur Alkoholfreies trinkt.
Bleibt bei den vielen unterschiedlichen Jugendschutzgesetzen nur noch die Frage, wann es ein einheitliches, EU-weites Gesetz zum Schutz der Jugend geben wird.
Ebenso wie in Schweden wird auch in Tschechien derjenige hart bestraft, der an Jugendliche unter 18 Alkohol verkauft. Und beim Ausgehen halten es die Tschechen so wie die Engländer – die Eltern tragen die Verantwortung für ihre Kinder.
Grafiken: Thomas Frohnwieser (2)
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